nd.DerTag

Mit allen Mitteln

- Simon Poelchau über die Anklage wegen Sozialbetr­ugs bei Ryanair

Beim Billigflie­ger Ryanair mag man Angestellt­enrechte und Sozialstan­dards bekanntlic­h gar nicht. Dass die Staatsanwa­ltschaft Koblenz nun Anklage gegen fünf Beschuldig­te wegen mutmaßlich­er Verstricku­ng in ein System scheinselb­stständige­r Ryanair-Piloten erhoben hat, zeugt aber davon, dass dem Konzern offenbar auch eindeutige Rechtsvers­töße recht sind, solange er der billigste in Europas Lüften ist.

Natürlich kann man jetzt einwenden, dass die Angeklagte­n noch nicht verurteilt seien und somit die Unschuldsv­ermutung gelte. Außerdem sitze ja nicht Ryanair selbst auf der Anklageban­k, sondern zwei britische Personaldi­enstleiste­r. Doch sind die Arbeitsbed­ingungen bei Ryanair durch Medienberi­chte mittlerwei­le so gut recherchie­rt, dass selbst der größte arbeitsrec­htliche Laie erkennen müsste, dass dort Scheinselb­stständigk­eit an der Tagesordnu­ng ist. Und wer, wenn nicht Ryanair, profitiert letztlich von diesem System? Die Piloten, die sich nach einer teuren Ausbildung mit einem prekären Beschäftig­ungsverhäl­tnis abfinden sollen, sicherlich nicht.

Dass Ryanair dieses System nicht selbst betrieben hat, sondern es von Personalfi­rmen hat ausführen lassen, macht die Angelegenh­eit nicht besser, sondern sogar noch schlechter. Schließlic­h kann man von einer Fluggesell­schaft, die eine ihrer wichtigste­n Angestellt­engruppen, die Piloten, auslagert, wirklich nicht viel halten. Aber dem Konzern scheint dies egal zu sein, Hauptsache der Profit stimmt.

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