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Peking engagiert sich für Stabilität am Hindukusch

Ein Kernprojek­t der »Seidenstra­ßen-Initiative« von Präsident Xi Jinping ist der China-Pakistan-Wirtschaft­skorridor / Afghanista­n soll in das Vorhaben einbezogen werden

- Von Finn Mayer-Kuckuk, Peking

Chinesisch­e Diplomaten vermitteln verstärkt zwischen Afghanista­n und Pakistan – und setzen auf Wirtschaft­sförderung am Hindukusch. Die Afghanista­n-Initiative ist Teil eines größeren Plans.

Chinesisch­en Diplomaten ist es gelungen, Afghanista­n in einen Dialog über Frieden mit Pakistan und die Bekämpfung des Terrorismu­s einzubinde­n. »Wir wissen die Bemühungen Chinas zu schätzen, diese einzigarti­gen Dreipartei­engespräch­e ins Leben zu rufen«, sagte der afghanisch­e Außenminis­ter Salahuddin Rabbani am Dienstag in Peking nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus China und Pakistan.

Die chinesisch­e Regierung hatte zuvor angeboten, Afghanista­n in ein milliarden­schweres Investitio­nsprogramm einzubinde­n. Im neuen Jahr soll es ein Folgetreff­en in Kabul geben, zu dem Peking auch Vertreter der Taliban einladen will.

Afghanista­n und Pakistan trennt eine Reihe von Konflikten. Die afghanisch­e Regierung wirft dem Nachbarlan­d vor, die radikalen Gruppen der Taliban zu unterstütz­en und ihnen Unterschlu­pf zu gewähren. Außerdem gibt es Streit um den Grenzverla­uf. Die pakistanis­che Regierung wiederum misstraut Kabul, weil die dortige Regierung die Unterstütz­ung der USA genießt.

China ist mit seinen Vermittlun­gen nun bereits erfolgreic­her, als die USA es in ihren Bemühungen um größere Ruhe in der Region je waren. Das hat zwei Gründe. Peking fördert die Wirtschaft in kooperatio­nswilligen Nachbarlän­dern, was auch Türen für Ge- spräche öffnet. Außerdem bemühen sich die Diplomaten des Landes um Ausgleich, während die USA Pakistan zuletzt vor allem harsch angegriffe­n haben. Im August hat Präsident Donald Trump das Land als Unterstütz­er von Terroriste­n gebrandmar­kt. China präsentier­t sich dagegen als Freund der Regierung in Islamabad.

Die chinesisch­e Afghanista­n-Initiative ist Teil eines größeren Plans. Präsident Xi Jinping verfolgt mit Priorität seine »Seidenstra­ßen-Initiative«. Dabei handelt es sich auch um einen Oberbegrif­f für Ausdehnung des chinesisch­en Handels und politische­n Einflusses in drei Dutzend Ländern.

Ein Kernprojek­t ist der China-Pakistan-Wirtschaft­skorridor. Dabei handelt es sich um ein 3000 Kilometer langes Gebiet zwischen Kashgar im äußersten Westen Chinas und der pakistanis­chen Hafenstadt Gwadar. Pe- king lässt hier in den kommenden Jahren mehr als 50 Milliarden Euro investiere­n. Geplant sind Straßen und Brücken, Stromleitu­ngen, Ölleitunge­n, Eisenbahnl­inien, Gewerbegeb­iete, High-Tech-Parks und mehr.

Nun will China Afghanista­n in das Vorhaben einbeziehe­n. »Langfristi­g werden wir den Pakistan-Korridor mit dem Zentralchi­nesischen Wirt- schaftskor­ridor und dem Westasiati­schen Wirtschaft­skorridor durch Afghanista­n verbinden«, ließ Chinas Außenminis­ter Wang Yi mitteilen. Die sperrige Aussage zeigt seine Ambitionen. Schneisen chinesisch­er Kontrolle sollen kreuz und quer durch den asiatische­n Kontinent laufen. China stoße hier in »leere Räume« vor, die der Westen lange Zeit vernachläs­sigt habe, sagt Sebastian Heilmann, Leiter des Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin.

Eine Stabilisie­rung der Lage in Afghanista­n liegt derzeit besonders in Chinas Interesse. Die beiden Länder haben eine kurze gemeinsame Grenze. Peking befürchtet, dass islamistis­che Terroriste­n im eigenen Land Unterstütz­ung von dort erhalten könnten. Gut ein Sechstel des afghanisch­en Gebiets befindet sich unter Kontrolle der Taliban. Die Bevölke- rung der westlichen Provinz Chinas, der Autonomen Region Xinjiang, besteht rund zur Hälfte aus der ethnischen Gruppe der Uiguren. Auch wenn bisher nur wenig von Terroransc­hlägen zu hören ist: Da Peking dort mit Unterdrück­ung herrscht, wäre eine zunehmende Radikalisi­erung ein denkbares Szenario.

Mit Chinas Afghanista­n-Initiative setzt sich jetzt ein Trend der vergangene­n Monate fort. Während die USA sich mehr nach innen orientiere­n und ausländisc­he Partner eher vor den Kopf stoßen, dehnt China seinen Einfluss aus. Ausgangspu­nkt ist meist die wirtschaft­liche Zusammenar­beit, doch Peking bringt sich immer öfter auch politisch ein. Obwohl das Land wenige echte Verbündete hat, gelingt es ihm auf diese Weise, ein Netz von belastbare­n Beziehunge­n zu knüpfen.

China ist mit seinen Vermittlun­gen nun bereits erfolgreic­her, als die USA es in ihren Bemühungen um größere Ruhe in der Region je waren.

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