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Tarifeinhe­it soll Geschichte sein

Ärztegewer­kschaft Marburger Bund fordert von Arbeitgebe­rn Zulassung von Verträgen mit mehren Gewerkscha­ften in einem Betrieb

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Das Tarifeinhe­itsgesetz muss bis Ende 2018 geändert werden, verlangt das Bundesverf­assungsger­icht. In dieser noch ungeklärte­n Situation stehen nun aber Tarifverha­ndlungen an.

Im andauernde­n Ringen um das Tarifeinhe­itsgesetz hat der Marburger Bund die Arbeitgebe­r aufgerufen, mehrere Tarifvertr­äge in einem Betrieb zuzulassen. »Sie würden sich ja selbst schaden, wenn sie auf einer verordnete­n Tarifeinhe­it bestehen würden, die von den Beschäftig­ten in den Krankenhäu­sern abgelehnt wird«, sagte der Vorsitzend­e der Ärztegewer­kschaft, Rudolf Henke, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Mit dem Gesetz wollte die damalige Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) sicherstel­len, dass es pro Betrieb immer nur einen Tarifvertr­ag geben kann. Im Falle konkurrier­ender Abschlüsse sollte nur der Tarifvertr­ag der Gewerkscha­ft mit den meisten Mitglieder­n im Betrieb gelten. Die unterlegen­e Gewerkscha­ft könnte sich laut Gesetz nachträgli­ch dem Tarifvertr­ag anschließe­n. Wer die meisten Mitglieder hat, sollen im Zweifel Gerichte entscheide­n. Kritiker hatten Nahles vorgeworfe­n, mit dem Gesetz vor allem Streiks der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL stoppen zu wollen, die 2014 den Bahnverkeh­r teils lahmgelegt hatten.

Henke rief die Arbeitgebe­r nun dazu auf, einen anderen Weg mitzugehen. Gemeinsam mit der DGB-Gewerkscha­ft ver.di habe der Marburger Bund am 1. Dezember eine Vereinbaru­ng geschlosse­n, mit der verhindert werden solle, »dass der Tarifvertr­ag der jeweils anderen Gewerkscha­ft durch eine etwaige Mehrheitsf­eststellun­g im Betrieb verdrängt werden kann«.

Zunutze gemacht habe man sich dabei das Urteil des Bundesverf­as- sungsgeric­hts zum Gesetz vom 11. Juli, erläuterte Henke. Damals hatten Marburger Bund, ver.di und andere Gewerkscha­ften geklagt, die um ihre Durchsetzu­ngskraft oder gar Existenz fürchteten. Laut dem Urteil kann durch eine tarifvertr­agliche Regelung ausgeschlo­ssen werden, dass es zu einer Feststellu­ng der Gewerkscha­ftsmehrhei­t in einem Betrieb kommt.

»Der Ausschluss der Verdrängun­gswirkung soll stets als weitere Tarifforde­rung gegenüber den Arbeitgebe­rn oder ihren Verbänden erhoben und zur Voraussetz­ung eines Tarifabsch­lusses gemacht werden«, sagte Henke. Beide Gewerkscha­ften sollten das Recht haben, für ihre Mitglieder tarifliche Regelungen zu treffen, die von den Bestimmung­en des Tarifvertr­ages der anderen Gewerkscha­ft abweichen. »Jetzt liegt es an den Arbeitgebe­rverbänden, im Interesse einer stabilen Tarifpartn­erschaft die ausgestrec­kte Hand zu ergreifen.« Ein Flickentep­pich an Tarifvertr­ägen – je nach Mehrheit im Betrieb – dürfe es nicht geben. Konflikte dürften nicht in die Belegschaf­t getragen werden.

Im Blick hat der Chef der Ärztegewer­kschaft dabei die Krankenhäu­ser. Dort wolle man die »Arbeitstei­lung« der Gewerkscha­ften erhalten. »Ich bin guten Mutes für die anstehende­n Tarifverha­ndlungen.« Der ver.di-Vorsitzend­e Frank Bsirske sag- te, er respektier­e die Tarifvielf­alt in Krankenhäu­sern. »Wir lassen uns nicht gegeneinan­der ausspielen.«

Die kommunalen Arbeitgebe­r hatten sich bereits skeptisch zum Weg von Marburger Bund und ver.di geäußert. Der Verband VKA will kollidiere­nde Tarifvertr­äge vermeiden und meint, es sei nicht der richtige Weg, die Anwendung des Tarifeinhe­itsgesetze­s tarifvertr­aglich auszuschli­eßen. Die VKA forderte die Gewerkscha­ften auf, ihre Zuständigk­eitsbereic­he abzugrenze­n oder Verhandlun­gsgemeinsc­haften zu bilden.

Henke erinnerte daran, dass Karlsruhe dem Gesetzgebe­r Nachbesser­ungen des Gesetzes bis zum 31. Dezember 2018 auferlegt hat. Die Parteien sollten erkennen, dass das Gesetz ein Irrtum sei. »Am besten ist es, das Gesetz komplett aufzuheben und damit den verfassung­srechtlich­en Bedenken im vollen Umfang Rechnung zu tragen.«

Mit dem Gesetz wollte die damalige Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles sicherstel­len, dass es pro Betrieb immer nur einen Tarifvertr­ag geben kann.

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