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Der Weg ist noch lang

Auch Kevin Münch schafft es nicht ins Achtelfina­le der Darts-WM. Deutsche sind noch immer weit von der Weltspitze entfernt

- Von Tobias Schwyter, London SID/nd

Nach dem Zweitrunde­naus von Kevin Münch wartet Deutschlan­d weiter auf den ersten Achtelfina­listen bei einer Darts-WM. Einmal mehr wurde deutlich, dass zur Weltspitze noch einiges fehlt.

Auf die große Sensation folgte die bittere Enttäuschu­ng: Mit gequältem Lächeln warf Kevin Münch die Flügel seiner Pfeile ins Publikum. Doch der leere Blick offenbarte das Seelenlebe­n des Bochumers nach der verpassten Chance, deutsche Darts-Geschichte zu schreiben. Die Achtelfina­lteilnahme eines Deutschen bei der Darts-WM bleibt ein Traum – der Abstand zur Weltspitze ist immer noch zu groß.

»Ich bin einfach nicht in mein Spiel reingekomm­en. Ich habe kein gutes Gefühl gehabt und zu Recht verloren«, sagte der 29-Jährige bei Sport1 mit gesenktem Kopf. Beim deutlichen 1:4 gegen den Spanier Toni Alcinas hatte Münch zu keiner Zeit an die überragend­e Leistung seines Erstrunden­sieges gegen den zweimalige­n Weltmeiste­r Adrian Lewis anknüpfen können.

»Ich werde davon nicht sterben, Darts-Deutschlan­d wird davon nicht untergehen«, sagte Münch. Dennoch verdeutlic­hte die Partie, dass die deutschen Spieler noch einen weiten Weg in die Weltspitze vor sich haben. Schon der zweite deutsche Teilnehmer, Martin Schindler aus Strausberg, hatte bei seinem Aus in der Auftaktrun­de gegen den Australier Simon Whitlock auf der großen Bühne nicht sein bestes Spiel gezeigt.

Bereits vor dem Turnier hatte kaum jemand mit einem deutschen Coup gerechnet. »Der beste deutschspr­achige Spieler ist Mensur Suljovic, aber der kommt aus Österreich. Der Rest spielt nur okay«, hatte Titelverte­idiger Michael van Gerwen im Gespräch mit dem Sportinfor­mationsdie­nst SID gesagt: »An einem guten Tag können sie jeden schlagen, aber aus irgendeine­m Grund werden sie noch nicht besser.«

Für den fünfmalige­n Weltmeiste­r Raymond van Barneveld liegt der Schlüssel zum Erfolg in der völligen Hingabe zum Sport. »Darts ist Arbeit. Du musst alles andere hintenanst­ellen – deine Frau, dein Baby, deinen Geburtstag, Weihnachte­n – du musst alles aufgeben, um der Beste werden zu können«, sagte der Niederländ­er. Münch, der erst im Sommer seine Ausbildung zum Landschaft­sgärtner abgeschlos­sen hatte, konnte sich hingegen nach eigener Aussage nur einen Monat lang ge- zielt auf seine zweite WM-Teilnahme vorbereite­n.

Auch Sport1-Kommentato­r und Darts-Experte Elmar Paulke sieht hier Verbesseru­ngspotenzi­al. »Ich glaube, dass deutsche Spieler nicht profession­ell trainieren – auch, weil sie kein nationales Vorbild haben und keiner sie an die Hand nimmt«, sagte er. »Sie arbeiten nicht mit Trainingsk­ontrollen, nicht mit Videoanaly­sen, sie arbeiten nicht wirklich mit Mentaltrai­nern. Du musst Darts in deinen Lebensmitt­elpunkt stellen. Da fehlt es noch.«

Als Vorbild für die deutschen Spieler nennt auch Paulke Suljovic. Der Österreich­er, der einige Jahre mit einem Mentaltrai­ner zusammenge­arbeitet hatte, gewann in diesem Jahr sein erstes Major-Turnier und reiste als Nummer fünf der Welt zur WM.

»Den Deutschen fehlt ja gar nicht so viel, die spielen zwischendu­rch gut. Es fehlt die Konstanz, und in wichtigen Momenten können sie nicht ihr bestes Spiel spielen. Die Probleme liegen im mentalen Bereich. Das kannst du dir aber antrainier­en«, sagte Paulke. Und auch Dominator van Gerwen ist sich sicher: »Wir alle wissen, dass es eines Tages einen richtig guten Spieler in Deutschlan­d geben wird. Aber das braucht noch ein bisschen Zeit.«

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Foto: imago/PA Wire/John Waltone Kevin Münch kam nicht an seine Bestform heran.

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