nd.DerTag

Enttäuscht­e Hoffnung auf den Aufschwung

Alexander Isele über die aufflammen­den Proteste in Iran

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Das Regime in Teheran sieht sich herausgefo­rdert: Die Proteste der vergangene­n Tage sind die größten seit der Grünen Revolution von 2009, auch wenn sie daran noch nicht heranreich­en. Anders als nach der Wahl Mahmud Ahmadineds­chads zum Präsidente­n sind es keine Millionen, sondern immer nur wenige Hundert Menschen, die protestier­en. Aber: Es wird nicht nur in den großen Städten wie Teheran oder Maschhad auf die Straße gegangen. Auch in vielen kleinen Städten ertönt der Ruf »Tod Ruhani!«, aber auch »Tod dem Diktator!«, was sich gegen den Obersten Führer Ayatollah Ali Chamenei richtet.

Präsident Ruhani hat die Sicherheit­sbehörden zur Zurückhalt­ung aufgerufen; aber Kontrolle hat er über sie keine. Dass die Spezialein­heiten derzeit für ihre Verhältnis­se noch zurückhalt­end agieren, liegt auch daran, dass es den Hardlinern in die Karten spielt, wenn der als »Reformer« verhasste Präsident kritisiert wird. Der Protest ist divers, anders als 2009 protestier­t nicht nur die Mittelschi­cht. Vielen geht es wirtschaft­lich miserabel, die Schere zwischen Arm und Reich ist massiv auseinande­r gegangen. Der Atomdeal mit den USA weckte die Hoffnung auf einen Aufschwung. Der bleibt weiter aus, die Unzufriede­nheit über die Lebensbedi­ngungen äußert sich als harsche Kritik an den Grundpfeil­ern der Islamische­n Republik. Bisher kannte das Regime nur eine Antwort darauf: brutale Gewalt. Mehrere Tote gibt es bereits.

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