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Staatstrag­end

- Von Katja Herzberg

Wenigen gelingt der Weg zurück aus der politische­n Öffentlich­keitsarbei­t in den Journalism­us so geräuschar­m wie ihm – zumindest auf den ersten Blick. Denn betrachtet mensch die Vita des neuen ARD-Vorsitzend­en Ulrich Wilhelm genauer, ist in ihm der Öffentlich-Rechtliche in Person zu erkennen. Und so gesehen gab es »den Wechsel« gar nicht.

Der gebürtige Münchener studierte Jura und machte nebenbei an der Deutschen Journalist­enschule eine Redakteurs­ausbildung. Anschließe­nd war er als freier Journalist tätig, später trat er in den Staatsdien­st ein und wurde Sprecher der Bayerische­n Regierung. Nach einem BerlinAusf­lug als Regierungs­sprecher unter Angela Merkel (CDU) in den Jahren 2005 bis 2010 wurde er zum Intendante­n des Bayerische­n Rundfunks gekürt – Wilhelm scheint mit dieser staatstrag­enden Biografie alle politische­n Gewalten in sich vereint zu haben. Einzig Parteiamt und Abgeordnet­enmandat fehlen bislang.

Immerhin wird Wilhelm nun als ARD-Vorsitzend­er wieder Thema auf der bundespoli­tischen Bühne: Zu seinem Amtsantrit­t pochte der einst vom Spiegel als »Skilehrer« titulierte Blondschop­f auf die Erhöhung des Rundfunkbe­itrages. Sollte er nach 2020 nicht angehoben werden, seien Einschnitt­e im Programm nötig. »Es würden kurzfristi­g drei Milliarden Euro fehlen, die wir im Wesentlich­en im Programm einsparen müssten«, sagte Wilhelm im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Der 56-Jährige hat auch schon eine Idee, wo er den Rotstift ansetzen würde. »Die Talkshows sind mir zu dominant geworden«, so Wilhelm. Er wünsche sich andere Formate, um komplexe Themen zu behandeln.

Weniger politisch wird die ARD unter Wilhelm wohl aber nicht. Zumindest betont der neue Vorsitzend­e stets die demokratis­che Verantwort­ung der Öffentlich­Rechtliche­n. »Nur wenn die Menschen sich verlassen können, dass Journalist­en eigenständ­ig zu Ereignisse­n urteilen, werden sie uns die Autorität und Sachkunde zutrauen und auch das Vertrauen schenken«, sagte Wilhelm bereits 2011, als er BR-Intendant wurde.

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Foto: dpa/Sven Hoppe BR-Intendant Ulrich Wilhelm übernimmt den ARD-Vorsitz.

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