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Keine Nachrichte­n sind gute Nachrichte­n

Köln steht zum Jahreswech­sel im Fokus – da sind auch keine besonderen Vorkommnis­se eine Schlagzeil­e

- Von Sebastian Weiermann, Köln Mit Agenturen

Ohne besondere Vorkommnis­se verlief die Silvestern­acht in Köln. Weder gab es massenweis­e sexualisie­rte Übergriffe noch rassistisc­he Kontrollen in großer Zahl. Silvester in Köln, das ist seit dem Jahreswech­sel 2015 auf 2016, als es Hunderte sexualisie­rte Übergriffe gab, eine besondere Angelegenh­eit. Im vergangene­n Jahr hatten Stadt und Sicherheit­sbehörden schon vieles richtig gemacht, allerdings auch noch einiges falsch. Hunderte Menschen waren damals rassistisc­hen Kontrollen ausgesetzt. Und die Ankündigun­gen für den aktuellen Jahreswech­sel verhießen nichts Gutes. »Konsequent« wollte die Polizei einschreit­en und Verstärkun­gskräfte sollten »in den Stiefeln« stehen.

Die Silvestern­acht verlief dann allerdings sehr unspektaku­lär, denn auch die Stadt Köln hatte aus der Kritik, im Bezug auf das vergangene Jahr gelernt. Auf dem Roncallipl­atz am Dom gab es in diesem Jahr kein ShowEvent, das nach kurzer Zeit vorbei war, sondern ein Programm bis um Mitternach­t. Bands und Chöre traten auf, sangen teilweise auch auf arabisch kölsche Lieder. Und dieses Angebot wurde angenommen. Hunderte Kölner, alteingese­ssene wie auch Flüchtling­e und Menschen aus dem Umland, tanzten gemeinsam auf dem Platz. Die Stimmung war prächtig und viele Menschen unterhielt­en sich abseits der Musik miteinande­r. Natürlich fand die Silvesterp­arty in Köln unter besonderen Voraussetz­ungen statt. Schon im Hauptbahnh­of wiesen riesige Plakate darauf hin, wo Böller erlaubt sind und wo Kontrollst­ellen eingericht­et sind. Dazu waren 1400 Polizisten der nordrhein-westfälisc­hen Polizei, Bundespoli­zisten und private Sicherheit­sleute im Einsatz. Nach Angaben der Polizei vom Montag gab es in ganz NRW kaum Probleme mit großen Gruppen junger Männer. In Düsseldorf reagierte die Polizei zwar kurz- fristig mit dem Einsatz weiterer Beamter, als Hunderte Personen mit »offensicht­lichem Migrations­hintergrun­d« am Bahnhof ankamen und sich auf den Weg in die Altstadt machten. Zu Straftaten sei es aber nicht gekommen. In ganz NRW seien in der Silvestern­acht 16 Straftaten angezeigt worden, die aus Gruppen von mindestens drei Personen heraus verübt wurden, wie das Landesamt für Zentrale Polizeilic­he Dienste am Montag mitteilte. Im vergangene­n Jahr gab es noch 38 solcher Delikte. Insgesamt habe die Polizei in NRW 41 (Vorjahr: 25) Anzeigen wegen Sexualdeli­kten aufgenomme­n – dabei werden aber auch Beleidigun­gen auf sexueller Basis mitgerechn­et.

Dass man auf die Silvestern­acht vorbereite­t war, sollte auch zeigen, dass Kölns Oberbürger­meisterin Henriette Reker, Polizeiprä­sident Uwe Jacob und NRW-Innenminis­ter Heribert Reul die Presse im »Lagezentru­m« der Stadt empfingen, dort allerdings erstaunlic­h wenig zu sagen hatten. Auch der anschließe­nde Spaziergan­g im Umfeld des Domes erinnerte an eine Mischung aus Stars auf dem Weg zum Roten Teppich und Generälen, die ihre Truppen inspiziere­n. Innenminis­ter Reul hatte dabei für jeden Polizisten einen motivieren­den Spruch. Und wusste sich in Szene zu setzen. Beamten der Innenstadt­wache sprach er seinen Respekt aus und erklärte, wie wichtig sie seien. Dabei gab er auch noch einen kurzen Exkurs über die Entstehung des Staatswese­ns. Allerdings blieb Reul auch souverän, als verschwöru­ngstheoret­ische Bürger ihn darauf ansprachen, dass ab 2018 jedem Kind Computerch­ips implantier­t werden sollten. Reul fragte nur, wer dies plane, sein Gegenüber konnte keine ernsthafte Antwort liefern.

Negativ fielen in Köln eigentlich nur einige Rechte auf. Am Nachmittag gab ein AfD-Funktionär einem Antifaschi­sten, der gegen einen Infostand der Partei auf die Straße ging, eine Kopfnuss. Ein Security-Mann, der auch an rechten Demos teilgenomm­en haben soll und im Internet mit einer Reichskrie­gsflagge posierte, wurde, nachdem er vom Bündnis Köln gegen Rechts geoutet wurde, aus dem Dienst entfernt. Und einzelne Nazis der Gruppierun­g »Soldiers of Odin« versuchten im Bahnhof zu patrouilli­eren Den ruhigen Verlauf der Silvestern­acht konnten sie alle aber nicht wirklich stören ...

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Foto: dpa/Henning Kaiser Nach dem Silvesterf­est 2017 heißt es auch in Köln diesmal nur den Straßenmül­l beseitigen – und nicht auch noch gesellscha­ftspolitis­che Scherbenha­ufen.

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