CSU will Leistungen für Flüchtlinge kürzen
Schutzstatus soll nur bei geklärter Identität gewährt werden / Streit über Altersfeststellung
Vor den Sondierungen mit SPD und CDU spricht sich die CSULandesgruppe für eine massive Asylrechtsverschärfung aus. Die CSU-Bundestagsabgeordneten werden sich am Donnerstag bei ihrer Klausurtagung auf einen harten Asylkurs festlegen. Dem Vernehmen nach planen die Abgeordneten während des Treffens im bayrischen Kloster Seeon ein Papier zu verabschieden, das etliche Verschärfungen in der Asylpolitik vorsieht, darunter die Kürzung von Sozialleistungen für Asylbewerber. »Damit Deutschland nicht weiter Anziehungspunkt für Flüchtlinge aus der ganzen Welt ist, wollen wir die Sozialleistungen für Asylbewerber kürzen«, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Dienstag gegenüber Medien.
Derzeit erhalten Asylbewerber 15 Monate lang einen Grundbe- darf, erst dann haben sie Anspruch auf Geldleistungen in Höhe der Sozialhilfe. Diesen Zeitraum will die CSU nun auf 36 Monate verlängern. Zudem plant sie die Geldleistungen für abgelehnte Asylbewerber auf Sachleistungen umzustellen. Auch sollen Antragsteller den Asyl- und Schutzstatus erst dann erhalten, wenn ihre Identität in einem Entscheidungs- und Rückführungszentrum zweifelsfrei geklärt worden ist. »Wenn wir Menschen bei uns aufnehmen, müssen wir wissen, wer sie sind«, heißt es nach Medienberichten in der Beschlussvorlage. Außerdem soll der Verfassungsschutz zur Abwehr von Terrorgefahren in Zukunft auch Kinder und Jugendliche überwachen dürfen.
Die Linkspartei kritisierte die Forderungen der CSU nach einer schärferen Asylpolitik. Die CSU folge der AfD immer weiter nach rechts und merke dabei nicht, dass sie damit nur das Original stärkt, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte. Die Kürzung von Sozialhilfe, »egal ob zur Gängelung von Hartz-IV-Empfängern oder von Asylbewerbern«, sei eine Missachtung der Menschenwürde.
Die SPD dürfte das Asyl-Papier ärgern – besonders, weil die CSU weiterhin auf Aussetzung des Familiennachzugs besteht. Die Sozialdemokraten zeigten sich bei einem anderen Thema hingegen selbst kompromissbereit: Der SPDInnenpolitiker Burkhard Lischka zeigte sich offen für die bundesweite Vereinheitlichung der Altersfeststellung von minderjährigen Flüchtlingen. Nach der mutmaßlichen Messerattacke eines 15jährigen Afghanen auf ein Mädchen in Kandel hatten Politiker der Union die zwangsweise Röntgenuntersuchung des Handgelenks zur Feststellung des Alters von Asylbewerbern gefordert. Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sprach sich für das Verfahren aus.
Ärztevertreter lehnten einen verbindlichen medizinischen Alterstest bei jungen Flüchtlingen ab. Das Röntgen sei ohne medizinische Indikation ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, urteilte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Er äußerte zudem Zweifel an der Zuverlässigkeit des Verfahrens.
Seit Jahresbeginn gilt das Netzwerkdurchsetzunggesetz. Das bekamen die Rechtspopulisten von der AfD direkt zu spüren.
Twitter und Facebook sind zum Jahresbeginn gegen Politiker der AfD vorgegangen. Die Plattformen wollen mehr gegen Rassismus und Beleidigungen tun, auch weil sie es seit Anfang Januar müssen. Der Grund dieses Mal: die Kölner Polizei.
Diese hat gegen die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Dies bestätigte eine Polizeisprecherin am Dienstag. Bei der Kölner Staatsanwaltschaft gingen mehrere Hundert Strafanzeigen gegen von Storch ein. Nun prüft Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn die Zuständigkeit und ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Hintergrund ist eine Reaktion der Politikerin auf eine Silvester-Botschaft der Kölner Polizei. Die hatte an Silvester allen Menschen in der Stadtregion Köln, Leverkusen sowie darüber hinaus einen guten Rutsch ins neue Jahr 2018 gewünscht, in verschiedenen Sprachen. »Wir entscheiden sukzessiv, welche Sprachen wir verwenden«, erklärte die Polizeisprecherin. Das sei ein ganz normaler Vorgang, denn die Polizei wolle »die Menschen erreichen«. In diesem Fall entschied man sich für Deutsch, Englisch, Französisch und auch für Arabisch.
Das wiederum sorgte für Empörung bei der Rechtsaußenpolitikerin von Storch: »Wieso twittert eine offizielle Polizeiseite aus NRW auf Arabisch. Meinen Sie, die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden zu besänftigen?« Der Kurznachrichtendienst sperrte daraufhin kurzzeitig ihr Profil. Die Nachricht war am Dienstagmorgen weder unter ihrem TwitterProfil noch bei Facebook zu finden, wo sie den Tweet zwischenzeitlich hochgeladen hatte. Die Begründung bei Facebook: Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der Plattform, konkret gegen Paragraf 130 Volksverhetzung.
Auch ein »Solidaritätstweet« der AfD-Fraktionschefin Alice Weidel, in dem diese über »messerstechende Migrantenmobs« schwadronierte, wurde von der Plattform gesperrt. Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland sprach von »Stasi-Methoden« und empörte sich über ein »Zensurgesetz«.
Gemeint ist das seit Jahresbeginn geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Es verpflichtet Plattformbetreiber, von Nutzern gemeldete Beiträge mit offensichtlich rechtswidrigem Inhalt binnen 24 Stunden zu löschen. Nicht eindeutige Fälle können die Plattformen einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle übergeben. Zudem müssen sie einen Ansprechpartner für Beschwerden nennen, der innerhalb von 48 Stunden auf Auskunftsersuchen reagiert. Twitter hat dazu ein Meldesystem eingeführt. Mit diesem können Nutzer mit wenigen Klicks beleidigende oder volksverhetzende Beiträge melden. Dann werden die Betroffenen aufgefordert die Beiträge zu löschen und können auch gesperrt werden.
Bei Verstößen gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz kann das Bundesamt für Justiz Bußgeldverfahren gegen die Plattformbetreiber einleiten. Kritiker des NetzDG, das 22 Straftaten wie Beleidigung, Gewaltdarstellung und Falschnachrichten ahndet, befürchten, dass soziale Medien wie Facebook und Twitter nun zu viel und zu schnell löschen, dass die Rechtsdurchsetzung privatisiert und die Meinungsfreiheit eingeschränkt werde. Doch nach dem Gesetz müssen auch Berichte über die Löschpraxis veröffentlicht werden.
Schon Mitte Dezember war Twitter in den USA und Großbritannien nach einer einmonatigen Warnfrist verstärkt gegen Rechtsextremisten vorgegangen und hatte Accounts gesperrt.