Computerprobleme an Bord
Bundeswehr gibt Hightech-Fregatte »Baden-Württemberg« an die Werft Blohm+Voss zurück
»Made in Germany« verliert als Markenzeichen weiter an Qualität, auch im Rüstungsbereich: 2018 müssen Schiffbauer ausgerechnet an einem Prestigeprojekt nacharbeiten. Die »Baden-Württemberg« war als Prunkstück der Bundeswehr gedacht. Das 149 Meter lange Kriegsschiff kann anders als frühere Generationen nicht nur wenige Monate im Einsatzgebiet kreuzen, sondern zwei Jahre nonstop. Für diese »Machtprojektion« ist die Fregatte F125 mit Raketen und Kanone ausgerüstet, womit die deutsche Marine erstmals nach 1945 wieder Landziele beschießen kann. Als Machtprojektion bezeichnen Politologen die Fähigkeit der Bundesregierung, politische Interessen durch die Androhung von Gewalt weit entfernt vom eigenen Territorium durchzusetzen.
Angesichts des außenpolitischen Aufgabenkatalogs sollte die einschließlich Bewaffnung fast eine Milliarde Euro teure Fregatte längst für die Bundeswehr im Einsatz sein. Doch die für den Sommer 2017 vorgesehene Übergabe wurde abgeblasen – aufgrund von Problemen schon in der sechsjährigen Bauphase wurde das Schiff vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in Koblenz getestet. Bei Probefahrten in der Nordsee, vor Norwegen und vor Kiel traten vor allem Fehler in der Soft- und Hardware auf. Um die Computerprobleme zu beheben, soll der 7000Tonner nun ab Mitte Januar bei Blohm+Voss in Hamburg repariert werden, wie ein Sprecher des Bundesamtes dem »nd« bestätigte.
Gebaut wurde die »Baden-Württemberg« von einer »Arbeitsgemeinschaft F125«, zu der neben der Hamburger Traditionswerft auch ThyssenKrupp Marine Systems in Kiel und der deutsche Branchenführer Lürssen aus Bremen gehören. Diese haben jetzt die Aufgabe, die Fehler zu beseitigen, damit das Schiff Mitte des Jahres endlich an die Deutsche Marine übergeben werden kann.
Langwierige Erprobungszeiten sind bei neuen Schiffstypen weltweit durchaus üblich. Die Erprobung des »Typschiffs« der Baureihe F125 zog sich jedoch ungewöhnlich stark in die Länge. Bereits im Dezember 2013 hatte in Hamburg die Taufe der »Baden-Württemberg« durch die Ehefrau des Ministerpräsidenten des gleichnamigen Bundeslandes, Gerlinde Kretschmann, stattgefunden.
»Die Schiffe wurden speziell für die heutigen und zukünftigen Einsatzszenarien entwickelt«, heißt es bei der Marine. Hauptaugenmerk liege dabei auf Konfliktverhütung, Krisenbewältigung sowie auf Eingreif- und Stabilisierungsoperationen. Zu diesem Zweck sind die Fregatten für eine »Intensivnutzung« ausgelegt, also einer deutlich erhöhten Verfügbarkeit im Einsatzgebiet. Der damalige Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Axel Schimpf, sprach in seiner Taufrede von einem Schiff mit »robuster Technik, das wartungsarm ist«. Damit stehe man vor einem »völlig neuen Ka- pitel unserer Marinegeschichte«. Ähnlich sah es das Staatsministerium Baden-Württembergs, das der Marine zu einem »technischen Meisterwerk« gratulierte.
Drei weitere der sogenannten Marathon-Fregatten werden bis 2020 folgen. Wenn alles nach Plan läuft. Weit mehr als drei Milliarden Euro wird das Programm insgesamt kosten, 500 Millionen Euro mehr als 2007 vom Bundestag bewilligt. Im kommenden Jahrzehnt sollen die Schiffe dann vor allem im Ausland zum Einsatz kommen. Pro Schiff gibt es je zwei Besatzungsteams mit 120 Soldaten, die im Wechsel alle vier Monate direkt an die Einsatzorte geflogen werden. Zur Freude der Werftindustrie hat der Bundestag kurz vor der Wahl mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD noch weitere Hightech-Kriegsschiffe bestellt – trotz der technischen Probleme.