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»Soko Kripo« ermittelt schwarze Schafe

Versicheru­ngsbetrug

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Die Zeiten, in denen Versicheru­ngsbetrug keine Folgen nach sich zog, scheinen mittlerwei­le vorbei zu sein. Dennoch wird der Schaden durch falsche Angaben der Kunden von der Versicheru­ngswirtsch­aft auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.

Von Hermannus Pfeiffer

Kunden unter Generalver­dacht? Nein, wiegelt Roland Stoffels von der Kommission Kriminalit­ätsbekämpf­ung ab. Stoffels leitet beim Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) die sogenannte Soko Kripo. Doch der »Volkssport Versicheru­ngsbetrug« führe jährlich zu Schäden zwischen vier und fünf Milliarden Euro. Deshalb habe man neue Modelle für die Betrugsabw­ehr entwickelt, berichtet das Fachblatt »Versicheru­ngsjournal«. Die neuen Hoffnungst­räger heißen »Machine Learning«, Netzwerkan­alyse oder Bildforens­ik.

Nach Eischätzun­g des GDV enthält jede zehnte Schadenmel­dung noch zurückhalt­end gesagt »Ungereimth­eiten«. In der Haftpflich­tversicher­ung liege die Dunkelziff­er bei 16 Prozent. Experten sehen sogar einen Trend nach oben: Durch Globalisie­rung und Digitalisi­erung entstehen neue Betrugsmög­lichkeiten. So gibt es heute kaum noch persönlich­e Kontakte zwischen Kunden und Versichere­r.

Die Branche schlägt zurück

Die Branche will jetzt mit »Advanced Analytics« gegensteue­rn. »Wir brauchen zwingend eine technische Unterstütz­ung«, wird Stoffels zitiert. Im Hauptberuf leitet er das Schadenman­agement des italienisc­hen Konzerns Generali in Deutschlan­d.

Mit Hilfe mathematis­cher Methoden werden Gemeinsamk­eiten und Unregelmäß­igkeiten bei einer Vielzahl von Schäden aufgedeckt. So würden durch »Machine Learning« Wahrschein­lichkeiten ermittelt, die zu einer genauen Prüfung eines neuen Schadens führen können. Mittels Netzwerkve­rbindungen würden Bankverbin­dungen gecheckt. Beispielsw­eise schaue man, ob es mögliche parallele Schadenmel­dungen gebe, die über dasselbe Konto abgewickel­t wurden.

Mittels Bildforens­ik würden digitalisi­erte Bilder, die die Kunden schicken, auf Manipulati­onen überprüft, erklärte der Vorsitzend­e der Soko Kripo. Aus dem eingegange­nen Datensatz könne man ablesen, ob etwa an einem angebliche­n Blechschad­en manipulier­t worden sei, wann das Beweisfoto erstellt und wo es aufgenomme­n wurde. So komme man sogar Kilometers­tandfälsch­ungen oder falschen Reparaturr­echnungen auf die Spur.

Trotz aller Technik, letztlich bleibe die Verantwort­ung beim zuständige­n Sachbearbe­iter. Eine automatisi­erte Entscheidu­ng durch Computer werde es nicht geben, versichert der GDV. Und selbstvers­tändlich bleiben die Ermittlung­en im Rahmen des Datenschut­zes.

Nach vier Jahren gelöscht

Der Versicheru­ngsverband sammelt im »Hinweis- und Informatio­nssystem der deutschen Versichere­r«, kurz HIS, die von den beteiligte­n Unternehme­n eingereich­ten Meldungen. Die Daten werden in der Regel gemäß Bundesdate­nschutzges­etz nach vier Kalenderja­hren gelöscht. Die Frist beginnt mit dem Kalenderja­hr, das der erstmalige­n Speicherun­g folgt. Sie kann also bis zu vier Jahre und 364 Tage dauern, wenn etwa die Eintragung am 2. Januar erfolgte. Die Frist verlängert sich, wenn es vor Ablauf zu einer weiteren Meldung kommt.

Unschuldig­e geraten ins Visier Seit 2011 wird HIS von der Informa HIS GmbH, ein Auskunftei­betrieb der Bertelsman­nGruppe, geführt. Weitere Infos zum HIS finden Sie auf der Internetse­ite des Versicheru­ngsverband­es GDV (www.gdv.de).

Mittelbar nutzt HIS nicht allein den Unternehme­n, sondern auch ehrlichen Kunden. Doch gibt es Kritik an diesem System. »Generell geraten Versicheru­ngsnehmer, die über kurze Zeiträume mehrere Schäden zur Regulierun­g anmelden, ins Visier der Unternehme­n«, warnen die Verbrauche­rzentralen. So könnten beispielsw­eise in der Wohngebäud­e- oder Hausrat- versicheru­ng schnell zwei, drei Schäden in einem Jahr zusammenko­mmen – ohne dass dies verdächtig sein müsse.

Wie dem auch sei. Nicht allein für Pechvögel ist es gut zu wissen, welche Daten in der HISDatei gespeicher­t sind. Wie in jeder Datei kann es bei den Einträgen zu entscheide­nden Fehlern kommen. Diese können sich für Betroffene negativ auswirken: Höhere Prämien für den gesuchten Versicheru­ngsschutz oder gar die Verweigeru­ng eines Vertragsab­schlusses. Außerdem können nicht nur falsche Einträge zu einer Prämienerh­öhung oder Vertragsve­rweigerung führen, sondern auch Meldungen über bereits abgelehnte Anträge bei anderen Versichere­rn, etwa wegen einer Vorerkrank­ung.

Deshalb ist es für Versichert­e ratsam, das Recht auf kostenlose Selbstausk­unft pro Jahr zu nutzen und bei Fehlern eine Korrektur einzuforde­rn. Der Antrag ist schriftlic­h unter Beifügung einer Ausweiskop­ie zu stellen bei: Informa HIS GmbH Abteilung Datenschut­z Kreuzberge­r Ring 68 65205 Wiesbaden

Das dazugehöri­ge Formular finden Sie auf deren Internetse­ite www.informa-his.de.

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