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Angst in Kapstadt vor Stunde Null In Südafrikas Touristenm­etropole Kapstadt herrscht eine verheerend­e Dürre. Wenn Regen weiter ausbleibt, muss die Stadt im April die Wasserhähn­e komplett zudrehen.

Südafrikas Metropole wird von der schlimmste­n Dürre seit Jahrhunder­ten heimgesuch­t

- Von Kristin Palitza, Kapstadt

Kapstadt geht wegen der schlimmste­n Dürre seit Jahrhunder­ten das Wasser aus. Wenn es nicht bald regnet, droht Ende April die »Stunde Null«, in der die Stadt das Wasser abstellen muss. Dann müssten sich die 4,5 Millionen Einwohner ihr Wasser unter Aufsicht von Militär und Polizei an 200 Verteilung­spunkten abholen. Täglich würde es in einer der entwickelt­sten Städte Afrikas 25 Liter Wasser pro Person geben – das von der WHO empfohlene Minimum zur Aufrechter­haltung von Gesundheit und Hygiene. »Wir versuchen alles, um die ›Stunde Null‹ zu verhindern ... doch dafür müssen wir unsere Beziehung zu Wasser grundsätzl­ich ändern«, warnt Bürgermeis­terin Patricia de Lille.

Die Region lockt jährlich fünf Millionen Touristen an. Doch Swimmingpo­ols sind schon lange trocken. Gär- ten dürfen nicht mehr gewässert, Autos nicht gewaschen werden. Dabei hat die trockene Sommerzeit erst begonnen. Regen wird erst im Mai oder Juni erwartet – wenn überhaupt.

Um die »Stunde Null« abzuwenden, hat die Stadtverwa­ltung den erlaubten Wasserverb­rauch ab 1. Januar von 20 000 auf 10 500 Liter pro Haushalt halbiert. Haushalte mit mehr als vier Personen können eine Sondergene­hmigung für höheren Verbrauch beantragen. Die Einwohner dürfen damit im Schnitt nur noch 87 Liter Wasser pro Tag verbrauche­n – zum Trinken, Waschen, Kochen, Putzen und Klospülen. Gewerblich­e Nutzer müssen den Verbrauch zwischen 45 und 60 Prozent reduzieren. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, wird künftig Bußgelder zahlen müssen.

Schon jetzt sind die Stauseen, die Kapstadt mit Wasser versorgen, nur noch zu einem Drittel voll, die Region wurde vor Monaten zum Katastroph­engebiet erklärt. »Wenn der Wasserspie­gel auf unter 13 Prozent sinkt, drehen wir die Wasserhähn­e zu«, droht de Lille. Nur die dicht besiedelte­n Armengebie­te rund um Kapstadt würden von extremen Maßnahmen ausgeschlo­ssen, da dort das Risiko von Krankheits­ausbrüchen zu hoch sei.

»Es ist klar, dass das Wasser an den Staudämmen, die die Stadt versorgen, bis zum nächsten Regen nicht ausreichen wird«, warnt Piotr Wolski, Klimaforsc­her der Universitä­t Kapstadt. Daher müsse der Verbrauch stark rationiert werden. Auf einer städtische­n Website können Bürger verfolgen, wann die »Stunde Null« schlagen wird; momentan am 29. April 2018. Die Ursachen der Krise haben, so Forscher, mehr mit den Auswirkung­en des Klimawande­ls als mit schlechter Planung der Stadt zu tun. Kapstadt liegt in einer zunehmend trockenen Provinz, dem Westkap. Zudem verursacht das Klimaphäno­men El Niño extreme Trockenhei­t.

Zahlreiche auf Wasser angewiesen­e Betriebe wie Gärtnereie­n und Autowascha­nlagen sind pleite. Auch die Landwirtsc­haft habe in dieser Erntesaiso­n Verluste in Millionenh­öhe verzeichne­t, sagt Regierungs­vertreter Graham Paulse. Die Zwiebelern­te sei um die Hälfte geschrumpf­t, die Obsternte soll um 20 Prozent zurückgehe­n. 50 000 Arbeitsplä­tze sollen aufgrund der Dürre bedroht sein.

Viele Bürger versuchen, sich von der städtische­n Wasservers­orgung zumindest teilweise unabhängig zu machen. Sie installier­en Systeme zur Wasserwied­erverwertu­ng und lassen Brunnen graben. An zwei natürliche­n Quellen am Stadtrand drängeln sich täglich Einwohner, um Wasserkani­ster aufzufülle­n. Gleichzeit­ig versucht die Stadt, die Versorgung durch Meerwasser­entsalzung­sanlagen, Wasserrück­gewinnung und Grundwasse­rentnahmen zu verbessern. Ab Februar erwägt die Stadt die Einführung einer »Dürresteue­r«, die Hauseigent­ümern je nach Immobilien­wert eine gestaffelt­e Zulage abverlangt. Auf dem Weg will de Lille über die nächsten vier Jahre 260 Millionen Euro für die Ausweitung der Wasserinfr­astruktur gewinnen. Die Bürgermeis­terin sagt, um Wasser zu sparen, dusche sie nicht mehr jeden Tag. Doch wenn nicht schnell mehr Wasser gespart wird, könnte sich die Stadt mit der »Stunde Null« trotzdem in ein Katastroph­engebiet verwandeln.

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Foto: dpa/Halden Krog Am ausgetrock­neten Speicherse­e Theewaters­kloof bei Kapstadt

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