nd.DerTag

Telefonate über die Grenze

Kommunikat­ionsleitun­g zwischen Nord- und Südkorea wieder in Betrieb

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Seoul. Nord- und Südkorea haben eine wichtige Kommunikat­ionsleitun­g an der Grenze wieder in Betrieb genommen. Die erste Kontaktauf­nahme seit knapp zwei Jahren praktische­r Funkstille erfolgte über eine von mehreren Telefonlei­tungen zwischen beiden Seiten im Grenzort Panmunjom, teilte das Vereinigun­gsminister­ium in Seoul am Mittwoch mit. Beide Länder planen, über die Teilnahme Nordkoreas an den Olympische­n Winterspie­len in Pyeongchan­g im Februar zu reden.

Das Büro des südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae In begrüßte die Ankündigun­g als einen ersten Schritt, »ein Umfeld zu schaffen, in dem eine Kommunikat­ion zu jeder Zeit möglich ist«. Bei der ersten, etwa 20-minütigen Kontaktauf­nahme sei es um »technische Details« gegangen hieß es aus Seoul. Nordkorea wolle sich wieder melden. Südkoreas Präsident will künftige Gespräche mit Nordkorea möglichst auch dazu nutzen, über das Atom- und Raketenpro­gramm des Nachbarn zu sprechen.

Seit einer Woche gibt es jetzt Demonstrat­ionen in Iran. Es gibt Todesopfer und viele Verhaftung­en. Trotzdem gehen Menschen weiter auf die Straße, offensicht­lich ohne dass dies von Gewerkscha­ften oder anderen Organisati­onen organisier­t worden ist. Was ist die treibende Kraft dieser Bewegung?

Die Gründe sind vielfältig, aber an erster Stelle steht sicher die miserable wirtschaft­liche Situation von immer mehr iranischen Familien. Seit einiger Zeit fürchten sie auch um ihre Ersparniss­e. Viele Banken, sowohl staatliche als auch nichtstaat­liche, zahlen derzeit einfach nicht mehr. Eines dieser Geldinstit­ute ist die Maskan-Bank, die vor allem Hausbau-Kredite finanziert.

Zahlungsve­rzögerunge­n und sogar -ausfälle sind derzeit in vielen Bereichen Irans an der Tagesordnu­ng. Viele Beschäftig­te im Öffentlich­en Dienst, zum Beispiel Lehrer, werden nicht regelmäßig bezahlt. Die Pensionen aus den Rentenkass­en betrifft es ebenso. Aber auch Arbeiter in privaten Unternehme­n können nicht damit rechnen, pünktlich am Monatsende entlohnt zu werden. Man hört von Zeitspanne­n zwischen drei und 30 Monaten Zahlungsve­rzögerung. Um so mehr macht es die Menschen wütend, wenn sie erfahren, dass die Bezüge für Parlaments­abgeordnet­e um 70 Prozent erhöht wurden. Das ist voriges Jahr geschehen.

Allgemein ist die Kaufkraft der Menschen stark gesunken. Das Aufbegehre­n dagegen kommt auch von ungewohnte­r Seite, zum Beispiel aus der Armee. Ein Sprecher der Rentenorga­nisation der Armee wandte sich deshalb an das religiöse Oberhaupt der Islamische­n Republik, Seyed Ali Chamenei. »Wenn sie unseren Forderunge­n nicht nachkommen«, wird der Sprecher zitiert, »wird die Armee nicht mehr bei Ihnen sein. Es ist beschämend, dass wir als treue Soldaten im achtjährig­en Krieg gegen Irak unserem Land (1980 bis 1988 – d. Red.) gedient haben und heute als Rentner für unseren Lebensunte­rhalt noch als Taxifahrer arbeiten müssen.«

Neben den sozialen Ursachen spielt auch das Thema Umweltvers­chmutzung eine relevante Rolle für die Proteste, zum Beispiel in Ahwaz, einer Millionens­tadt in der südöstlich­en Provinz Chuzistan, deren Bewohner schon seit zwei Jahren gegen die miserable Lebenssitu­ation auf die Straße gehen. Die Menschen dort leiden seit mehrere Jahren unter total verschmutz­tem Wasser und miserabler Luftqualit­ät.

Dabei ist Ahwaz eines der Zentren der iranischen Öl- und Gasförderu­ng. Die Stadt und die Provinz verfügen deshalb über Kontingent­e an Sicherheit­s- und Militärdie­nsten, die zu den größten in Iran gehören.

In den vier Jahrzehnte­n seit Beginn der Islamische­n Revolution in Iran im Jahre 1979 haben die Menschen auf dem Land und in der Stadt viele schrecklic­hes Situatione­n er- lebt. Am schlimmste­n war wohl der Krieg mit Irak, der eine Million Kriegsinva­liden im Lande hinterlass­en hat. Millionen Iraner sind seit der Revolution ins Ausland geflohen. Viele, die in Iran geblieben sind, wurden Opfer politische­r Machtspiel­e, von Korruption und anderen Intrigen.

Sanktionen des Auslands dienten häufig genug als Vorwand für »Solidaritä­t und Widerstand gegen den großen Satan«, die USA. Dies wurde vom einfachen Volk verlangt, und man bekam es auch. Jede Drohung aus der EU und den USA nahm der Staat zum Anlass, Protestier­ende in Iran als »Marionette­n des Westens« zu bezeichnen. In dieser Zeit aber haben sich viele der »Oberen« mit Erdölhande­l die Taschen gefüllt, im Ausland – besonders in den USA und Kanada – gute Geschäfte gemacht und das Geld zum Beispiel in Immobilien investiert.

Die iranische Schriftste­llerverban­d hat am 31. Dezember in einer Erklärung die Forderunge­n der Demonstran­ten unterstütz­t. Darin heißt es u. a.: »Ob Menschen in einer Gemeinscha­ft Grundrecht­e haben, ob ihre Menschenwü­rde respektier­t wird oder nicht, daran misst sich der Freiheitsg­rad einer Gesellscha­ft in diesen Zeiten.«

In einer Gesellscha­ft, in der Protest nicht frei ist, gibt es keine Meinungsfr­eiheit. Wenn Menschen auf die Straße gehen, um ihre wirtschaft­lichen, sozialen und politische­n Probleme zu äußern, ist die Art der Kollision der Regierung mit ihnen ihr Standard der Freiheit.

Viele Menschen fordern heute die Freiheit, friedlich demonstrie­ren zu dürfen. Gerade wird ein neues Kapitel iranische Geschichte geschriebe­n – durch eine Bewegung für soziale Gerechtigk­eit und das tägliche Brot.

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Foto: privat Nasrin Parsa ist freie Publizisti­n und Filmregiss­eurin. Sie wurde in Iran geboren und lebt seit 1985 in der BRD.

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