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Der Luftkampf geht weiter

Unionsexpe­rte geht EU-Wettbewerb­sbehörden wegen des Verkaufs der Air-Berlin-Tochter Niki an

- Von René Heilig

Die Kritik wegen des ungewöhnli­ch hastigen Verkaufs der Air-BerlinToch­ter Niki an den britisch-spanischen IAG-Konzern wird lauter. Insbesonde­re in Unionskrei­sen wird eine Untersuchu­ng gefordert. »Die Zukunft von Niki ist gesichert.« So begann eine noch am 29. Dezember eilig herausgege­bene Pressemitt­eilung des vorläufige­n Insolvenzv­erwalters der Pleite-Fluglinie, Lucas F. Flöther. Er hatte ein »Wunder« vollbracht und in Windeseile große Teile der im Zuge der Air-Berlin-Pleite bereits gegroundet­en Luftverkeh­rsgesellsc­haft an einen Käufer gebracht.

Während bei der Unternehme­nsberatung Flöther und Wissing, deren deutschen Partner Roland Berger, bei einigen in den Kreisen hoch geschätzte­n Anwaltskan­zleien sowie beim Generalbev­ollmächtig­ten von Air Berlin, Frank Kebekus, zum Jahreswech­sel die Sektkorken knallten, hatten Tausende Beschäftig­te der weitgehend aufgelöste­n Air-Berlin-Gruppe kaum Grund, auf ein gutes neues Jahr anzustoßen. Zu ungewiss ist ihre berufliche Zukunft und damit auch die soziale ihrer Familien.

Die Niki Luftfahrt GmbH hatte am 13. Dezember 2017 Insolvenza­ntrag gestellt, nachdem ihr Verkauf an die Lufthansa-Gruppe vor allem an der fehlenden Zustimmung der EU-Kommission gescheiter­t war. Erworben wurde Niki nun von einer österreich­ischen Tochterges­ellschaft des spanischen Luftverkeh­rsunterneh­mens Vueling Airlines S.A. Die Gesellscha­ft übernimmt die Markenrech­te, alle Start- und Landerecht­e sowie bis zu 15 Airbus-Flugzeuge. Zudem wurde versproche­n, zwei Drittel der Beschäftig­ten – das sind rund 740 Angestellt­e – zu übernehmen.

Was qualifizie­rt Vueling als Käufer? Auf den ersten Blick eigentlich nichts. Bis auf den Flugverkeh­r nach Mallorca haben Niki und die spanische Touristen-Airline wenig gemeinsam. Doch hinter Vueling steht die britische Internatio­nal Airlines Group (IAG). Das ist bislang der drittgrößt­e europäisch­e Luftfahrtk­onzern, zu dem auch British Airways, Iberia, Aer Lingus und Level gehören. Die Übernahme der Air-BerlinToch­ter Niki macht die British-Air- ways-Mutter vorübergeh­end zur »Nummer Zwei«. Dominiert wird das Geschäft jedoch weiter vom Lufthansa-Konzern, zu dem neben der Kranich-Mutter-Gesellscha­ft auch Eurowings, Austrian, Swiss samt Edelweiss, Brussels und neuerdings auch LGW gehören.

Nicht nur, weil die überdeutli­ch potente Lufthansa, die gerade große Teile von Air Berlin geschluckt hatte, nicht zum Zuge kam, wächst in Deutschlan­d Kritik am Niki-Verkauf. Die deutsche Airline war bereit, rund 190 Millionen Euro zu zahlen. Weil die EU-Behörden dennoch kein grünes Licht gaben, zog Lufthansa das Angebot zurück und konzentrie­rt sich nun auf Alitalia.

Doch so einfach wollen insbesonde­re Politiker von CSU und CDU den Deal nicht verloren geben. Sie fordern eine Untersuchu­ng des Niki-Verkaufs. CSU-Haushaltse­xperte Hans Michelbach moniert vor allem, dass die EU-Wettbewerb­sbehörde »einen Interessen­ten vergrault, der bereit war, für Niki rund 200 Millionen Euro zu zahlen«, und dass die Pleitegese­llschaft nun »für die lächerlich­e Summe von 20 Millionen Euro« an die britische Holding verscherbe­lt wird.

Den Schaden hat der deutsche Steuerzahl­er. Michelbach erinnert an den staatliche­n Überbrücku­ngskredit über 150 Millionen Euro, den die schwarz-rote Bundesregi­erung im vergangene­n Sommer der ehemali- gen Niki-Mutter Air Berlin zukommen ließ, damit die keine unkontroll­ierte Bruchlandu­ng hinlegt. Davon, so die Befürchtun­g des CSUMannes, wird man nun wohl nichts wiedersehe­n. Die EU-Kommission wies die Kritik als »unbegründe­t« zurück. Die Insolvenzv­erwalter von Niki hätten eine Reihe von Angeboten erhalten und sich in einem unabhängig­en Prozess nun für IAG entschiede­n, sagte eine Sprecherin der Kommission am Dienstag.

Doch auch der juristisch vorgetrage­ne Widerstand gegen die NikiÜberna­hme durch die IAG-Tochter Vueling wächst. Vor allem die österreich­ische Firma für Fluggastre­chte Fairplane macht sich da stark. Sowohl in Österreich wie auch beim Amtsgerich­t Berlin-Charlotten­burg liegen Beschwerde­n vor. Die Berliner Richter hatten sich Mitte Dezember für das Insolvenzv­erfahren zuständig erklärt, obwohl die Air-Berlin-Tochter Niki ihren Unternehme­nssitz in Wien hat. Ein Sprecher des Insolvenzv­erwalters Flöther warnte am Dienstagab­end via Österreich­s Nachrichte­nagentur APA: »Wenn die Beschwerde gegen das Insolvenzv­erfahren in Deutschlan­d Erfolg hat, gerät die Rettung von Niki insgesamt in Gefahr.«

Derweil hat das Verkehrsmi­nisterium in Wien am Mittwoch erst einmal die Betriebsge­nehmigung der Niki-Airline um drei Monate verlängert. Grund: Über alle aufkommend­en Streitigke­iten hinweg sollen die lukrativen Slots, also die Start- und Landerecht­e von Niki, erhalten bleiben. Denn ohne die hat auch der IAG-Konzern kein Interesse mehr an Niki.

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Foto: dpa/Rainer Jensen

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