Aus trotz voller Auftragsbücher
Waggonbau Niesky aus der Lausitz meldet zum zweiten Insolvenz an
Nach Streichungsplänen bei Siemens und Bombardier gibt es eine weitere Hiobsbotschaft für die Lausitz: Waggonbau Niesky meldet Insolvenz an. Es geht um 320 Arbeitsplätze.
Der Lausitzer Traditionsbetrieb Waggonbau Niesky GmbH (WBN) hat trotz guter Auftragslage Insolvenz angemeldet. Wie das Unternehmen am Dienstagabend mitteilte, wurde der Antrag bereits Ende Dezember beim Amtsgericht Dresden gestellt. Grund seien zu viele Aufträge mit hoher Komplexität, die »unter dem Strich defizitär abgeschlossen wurden«, erklärte Eduard Janßen, der erst im November die Geschäftsführung bei WBN übernommen hatte. Dies habe zu stark am Eigenkapital gezehrt, es drohe die Zahlungsunfähigkeit.
Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde nach Angaben des Gerichts der Dresdner Rechtsanwalt Jürgen Wallner bestellt. Ziel des Verfahrens ist es laut Janßen, die Zukunft von WBN zu sichern und die 320 Arbeitsplätze der Stammbelegschaft sowie rund 700 weitere Arbeitsplätze bei Zulieferern und Zeitarbeitern »wo immer möglich« zu erhalten. Löhne und Gehälter seien bis einschließlich Februar über das Insolvenzgeld gesichert.
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) bedauerte die Insolvenz, »insbesondere da unseres Wissens die Auftragsbücher gut gefüllt waren«. Die Staatsregierung denkt demnach über Unterstützung nach: »Wir stehen in Kontakt mit dem Unternehmen, um Möglichkeiten für eine Unterstützung des Freistaates auszuloten«, sagte Dulig.
Operativ sei das Unternehmen soweit gut aufgestellt, meinte auch Janßen. Die Produkte der WBN, das langjährige Know-how, die Fertigkeiten und Fähigkeiten der qualifizierten Belegschaft würden weltweit nachgefragt. Das Unternehmen stellt Spezial- und Güterwaggons her.
Nach den in jüngster Zeit bekannt gewordenen Stellenstreichungs- beziehungsweise Werksschließungsplänen beim Industriekonzern Sie- mens und dem Schienenfahrzeugbauer Bombardier ist es die dritte Hiobsbotschaft für die sächsische Region Oberlausitz. »Wir werden mit allen Kräften das Unternehmen unterstützen, um mit dem Insolvenzverwalter die Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebes und die Arbeitsplätze vor Ort zu sichern«, so Dulig.
2016 hatte WBN noch einen Rekord bei den Auftragseingängen im Umfang von 137 Millionen Euro vermeldet. Der Exportanteil lag bei 70 Prozent. Abnehmer waren zu 90 Prozent europäische Länder, zehn Prozent seiner Produkte exportierte Niesky nach Asien.
Im Jahr 2007 hatte Waggonbau Niesky schon einmal Insolvenz angemeldet. Ein Jahr später übernahm die Deutsche Bahn AG das Unternehmen. Im Laufe der Zeit gingen jedoch die Aufträge zurück, die Bahn verkaufte WBN 2015 an den Münchner Investor Quantum Capital Partners. Die Bücher waren voll, der Betrieb zog einige Großaufträge an Land, etwa die Produktion von Transportwaggons für den Eurotunnel.
Laut der Gewerkschaft IG Metall hatte sich Quantum aber dennoch nicht in der Lage gesehen, den Verlust aus dem letzten Geschäftsjahr auszugleichen, wie der Fernsehsender MDR berichtete. In den vorangegangenen guten Jahren habe Quantum die erzielten Gewinne aus dem Unternehmen herausgezogen, kritisierte die Gewerkschaft. Investitionen seien nie geflossen.
Man sei genauso irritiert und schockiert wie die Belegschaft, sagte Jan Otto von der IG Metall Ostsachsen dem MDR. »Noch im November 2017 hieß es, die Geschäfte bei Waggonbau Niesky würden gut laufen. Ob die Kolleginnen und Kollegen getäuscht wurden, gilt es jetzt in einem geordneten Insolvenzverfahren herauszufinden«, so Otto. Positiv sei, dass die Gläubiger gegenüber der Gewerkschaft deutlich gemacht hätten, dass sie an der Fortführung des Betriebes mit der Stammbelegschaft interessiert seien. Man habe über 2020 hinaus volle Auftragsbücher.