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So wenige Arbeitslos­e wie noch nie seit 1991

Im Durchschni­tt des Jahres 2017 gab es in der Hauptstadt 168 991 erwerbslos­e Männer und Frauen

- Von Andreas Fritsche

Die Arbeitslos­enquote sinkt. Doch an der verheerend­en Flexibilis­ierung des Arbeitsmar­ktes soll die Politik dennoch nichts ändern – finden die Unternehme­rverbände. Gewöhnlich sind im Winter mehr Menschen arbeitslos als im Sommer, weil es dann saisonabhä­ngig weniger Beschäftig­ung auf Baustellen, im Gastgewerb­e und in der Landwirtsc­haft gibt. Doch Bernd Becking, Regionaldi­rektionsch­ef der Arbeitsage­ntur, hatte am Mittwoch für Berlin eine gute Nachricht: »Zum ersten Mal seit elf Jahren sinkt die Arbeitslos­igkeit in einem Dezember.«

159 572 Berliner waren im Dezember erwerbslos gemeldet. Das waren 760 weniger als im November. Die Arbeitslos­enquote in der Hauptstadt liegt jetzt bei 8,4 Prozent und damit 0,8 Prozentpun­kte unter dem Vorjahresw­ert.

In Brandenbur­g ist die Zahl der Arbeitslos­en im Dezember zwar leicht gestiegen – um 1935 auf 87 288. Vor einem Jahr waren aber noch 99 048 Brandenbur­ger erwerbslos registrier­t gewesen. Die Arbeitslos­enquote sank binnen eines Jahres um 0,9 Prozentpun­kte auf 6,6 Prozent. Auch das ist etwas Besonderes. »Eine Arbeitslos­enquote unter der Sieben-ProzentMar­ke in einem Dezember gab es in Brandenbur­g noch nie«, bemerkte Sozialmini­sterin Diana Golze (LINKE).

In seinem Jahresrück­blick formuliert­e Regionaldi­rektionsch­ef Becking: »In beiden Bundesländ­ern war die Lage am Arbeitsmar­kt so gut wie noch nie seit der deutschen Wiedervere­inigung. Bei der Arbeitslos­igkeit erreichten die Jahresdurc­hschnittsw­erte in Berlin und Brandenbur­g neue Tiefstände seit Beginn der Statistik 1991.« In Berlin waren 2017 im Jahresdurc­hschnitt 12 027 Personen weniger arbeitslos gemeldet als 2016, in Brandenbur­g waren es 12 907 Per- sonen weniger. »In kaum einer anderen Region haben die Unternehme­n im vergangene­n Jahr so viele neue Stellen geschaffen«, sagte Christian Amsinck, Hauptgesch­äfts- führer der Unternehme­nsverbände Berlin-Brandenbur­g. Es gebe immer mehr Engpässe bei den Fachkräfte­n, in einigen Branchen bremse dies bereits die Entwicklun­g. Beispielsw­eise sei für Handwerk, Handel und Gesundheit­swesen schwer qualifizie­rtes Personal zu finden. Den Fachkräfte­bedarf zu sichern, sei eine der wichtigste­n Aufgaben für Wirtschaft und Politik. Ansatzpunk­te wären nach Ansicht von Amsinck mehr Qualität in der Bildung – Stichwort: weniger Schul- und Studienabb­recher – sowie eine bessere Vereinbark­eit von Beruf und Familie.

Und endlich Schluss mit prekären Beschäftig­ungsverhäl­tnissen? Leider Fehlanzeig­e. »Auf keinen Fall« sollte die Bundesregi­erung »die Flexibilit­ät des Arbeitsmar­ktes einschränk­en«, findet Amsinck. »Vor allem für Geringqual­ifizierte und Geflüchtet­e würde das zusätzlich­e Hürden auf dem Weg in die Arbeitswel­t bedeuten.«

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