nd.DerTag

Triumph oder Absturz

Nur in Bayern und Hessen stehen 2018 Landtagswa­hlen an – mancher Kopf könnte rollen

- Von Carsten Hauptmeier und Ralf Isermann

Die genauen Termine stehen noch nicht fest, aber die einzigen beiden regulären Landtagsta­gswahlen 2018 finden in Bayern und Hessen statt. Sie könnten womöglich ein Signal Richtung Berlin setzen. Eine neue Bundesregi­erung ist noch nicht in Sicht, ihr erster Stimmungst­est schon: Im Herbst wird in Bayern und Hessen ein neuer Landtag gewählt. In beiden Ländern leben zusammen rund 14 Millionen der 61,5 Millionen Menschen, die bei der Bundestags­wahl wahlberech­tigt waren. Sie werden über die Zukunft der CSUAlleinr­egierung in München und von Schwarz-Grün in Wiesbaden entscheide­n – und womöglich ein Signal Richtung Berlin setzen.

Der genaue Termin der beiden einzigen regulären Landtagswa­hlen 2018 steht noch nicht fest. Aber er dürfte etwa ein Jahr nach der Bundestags­wahl liegen, bei der die CSU ihr schlechtes­tes Ergebnis seit 1949 einfuhr. Diese Schlappe führte dazu, dass die CSU in der laufenden Legislatur­periode den bayerische­n Ministerpr­äsidenten auswechsel­n wird. Markus Söder wird demnächst zum Nachfolger von Horst Seehofer gewählt, der Franke soll die absolute Mehrheit der Sitze für die CSU verteidige­n.

Söder tritt ein schweres Erbe an. Die Christsozi­alen holten bei der Bundestags­wahl lediglich 38,8 Prozent. Bei der Europawahl 2014 war das Ergebnis mit 40,5 Prozent nur wenig besser – und das war noch vor der Flüchtling­skrise, die manche in der CSU als Grund für Zustimmung­sverluste sehen.

Vor allem in Großstädte­n verloren die Christsozi­alen, die bayerische Parteienla­ndschaft erscheint zunehmend zersplitte­rt. Dies führt dazu, dass im künftigen Landtag nach den bisherigen Umfragen statt bisher vier sechs Parteien sitzen könnten – neben CSU, SPD, Grünen und Freien Wählern künftig auch AfD und FDP.

Bei aller Unterschie­dlichkeit dürfte die Opposition­sparteien das Motto »Söder verhindern« einen. Der Nürnberger polarisier­t, was auch der CSUinterne Machtkampf zeigte. Für Söder selbst gilt: Triumph oder Absturz. Verteidigt er die absolute Mehrheit, wird er über Jahre der starke Mann der CSU – rutscht er unter 40 Prozent, könnte seine gesamte Karriere in Gefahr geraten. In der bayerische­n Opposition will die SPD mit der scharfzüng­igen neuen stellvertr­etenden Bundesvors­itzenden Natascha Kohnen als Spitzenkan­didatin ein Gegenmodel­l zu Söder bieten. Derzeit dümpelt die SPD in den Umfragen aber bei nur 15 bis 17 Prozent – die Gefahr, von Grünen oder AfD eingeholt zu werden, erscheint ähnlich groß wie die Chance, wieder bei 20 Prozent und mehr zu landen.

Im Vergleich mit den bayerische­n Turbulenze­n und Machtkämpf­en ist es erstaunlic­h, wie geräuschlo­s und ohne öffentlich­en Streit die schwarzgrü­ne Landesregi­erung in Hessen seit fast vier Jahren agiert. Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) und seinem Stellvertr­eter und Wirtschaft­sminister Tarek Al-Wazir (Grüne) gelang es, die einst erbitterte­n politische­n Gegner nicht nur zusammenzu­führen, sondern auch zusammen- zuhalten. So lobte etwa Bouffier kürzlich in der Generaldeb­atte zum Landeshaus­halt die noch immer ungewohnt wirkende Koalition als ein »Gestaltung­sbündnis«, das nach seiner Wahrnehmun­g »das erfolgreic­hste in der Republik« sei. Ob CDU und Grüne nach der Wahl im Herbst weiter zusammenar­beiten können, ist allerdings fraglich. Sollte nämlich die AfD erstmals auch in den Wiesbadene­r Landtag einziehen, könnte die Regierungs­bildung ähnlich komplizier­t werden wie derzeit in Berlin.

Spekuliert wird in Hessen deshalb auch über ein Jamaika-Bündnis aus Union, FDP und Grünen oder eine Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen. Schwierig dürften Verhandlun­gen in beiden Fällen sein. Eine mögliche große Koalition aus CDU und SPD ist in Wiesbaden alles andere als eine Wunschkons­tellation.

Für Bouffier und seinen SPDHerausf­orderer Thorsten SchäferGüm­bel geht es bei der Wahl auch persönlich um viel: Sollte der hessische SPD-Chef auch im dritten Anlauf als Spitzenkan­didat scheitern, steht seine politische Karriere vor einer Weggabelun­g. Für den 66-jährigen Bouffier dürfte eine Wahlschlap­pe das Ende der politische­n Laufbahn bedeuten.

Wird die AfD erstmals auch in Hessens Landtag einziehen? Dann wird die Regierungs­bildung wohl komplizier­t.

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