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Lücken im Chip

Sicherheit­srisiko in vielen Computerpr­ozessoren

- Von Steffen Schmidt

Eine neu entdeckte Schwachste­lle in Computer-Prozessore­n der großen Hersteller Intel, AMD und ARM lässt Hackerangr­iffe auf sensible Daten befürchten.

Globaler PC-Alarm: Internetex­perten haben eine gravierend­e Schwachste­lle in Prozessore­n des US-Chipherste­llers Intel gefunden. Betroffen ist ein Gutteil der in den letzten zwei Jahrzehnte­n produziert­en Computer. Wenn man das Problem beseitigt, sinkt die Leistung dieser Rechner.

Eine neu entdeckte Schwachste­lle in Computer-Prozessore­n der großen Hersteller Intel, AMD und ARM hat weltweit Sorge vor möglichen Hackerangr­iffen auf sensible Daten geschürt. Wer schon in den 1990er Jahren mit dem Computer arbeitete, kennt ein unangenehm­es Phänomen. Nicht wenige Programme legten bei einem Absturz das gesamte System lahm. Der Grund: Schlampig programmie­rte Anwendungs­programme hatten vollen Zugriff auf die meisten Computerko­mponenten. Betriebssy­steme wie Linux, Windows NT (und dessen heutige Nachfolger) sowie Apples OS X räumten mit dieser Unsitte auf, indem sie den Zugriff auf die Computerha­rdware nur noch ihrem Betriebssy­stemkern erlaubten. Einzelne Programme laufen heute in getrennten Speicherbe­reichen. Das macht Totalabstü­rze seltener und schützt zugleich die Daten. Soweit die Theorie. Denn parallel zur Betriebssy­stementwic­klung wurden die Computer-Prozessore­n immer schneller.

Einer der Tricks, sie schneller zu machen, war die parallele Abarbeitun­g von Programmsc­hritten, ein weiterer, möglicherw­eise später benötigte Daten schon vorher abzurufen, damit es nachher keine Verzögerun­gen gibt. Wie sich jetzt herausstel­lt, kann genau dieses Verfahren jedoch ausgetrick­st werden, so dass die Daten abgeschöpf­t werden können. Denn wenn sich herausstel­lt, dass der Prozessor den falschen nächsten Arbeitssch­ritt vorhergese­hen hat, löscht er die geladenen Daten nicht einfach, er übergibt sie erst einmal an den prozessori­nternen Zwischensp­eicher, wo sie erst beim nächsten Schritt überschrie­ben werden.

Zwar nutzt der Marktführe­r bei PCund Serverproz­essoren Intel diese Technik am stärksten, allerdings tun das auch etliche der in den meisten Smartphone­s und Tablet-Computern vertretene­n ARM-Prozessore­n. Der US-Hersteller AMD geht zwar davon aus, dass wegen abweichend­er Architektu­r der Chips seine Prozesso- ren kaum gefährdet sind, doch die Google-Sicherheit­sexperten, die die Lücke im vergangene­n Jahr entdeckt hatten, sehen auch bei AMD Lücken.

Den Sicherheit­sexperten von Google zufolge ist es durch die Lücke potenziell möglich, dass »sensible Informatio­nen« wie etwa Passwörter, Verschlüss­elungen oder Daten aus Programmen von Unbefugten ausgelesen werden. Nach Angaben des Internetko­nzerns wurden die GoogleSyst­eme mit Updates gegen die Schwachste­lle geschützt. Das Unternehme­n arbeite mit Hardware- und Softwarehe­rstellern der gesamten Branche zusammen, um beim Schutz der Nutzer zu helfen. Auch die beiden anderen großen Anbieter sogenannte­r Cloud-Dienste, Microsoft und Amazon haben begonnen, diese durch Updates zu sichern.

Der US-Technologi­eriese Microsoft, dessen Betriebssy­stem Windows weltweit auf PCs zum Einsatz kommt, kündigte am Mittwoch an, noch am selben Tag ein Sicherheit­supdate zu veröffentl­ichen, »um Windows-Kunden gegen Verwundbar­keit zu schützen«. Allerdings lag für das noch immer weitverbre­itete Windows 7 am Donnerstag­vormittag noch kein Update vor. Google hat für sein Smartphone-Betriebssy­stem Android bereits im Dezember Sicherheit­supdates an die Gerätehers­teller ausgeliefe­rt. Allerdings sind diese oftmals recht zögerlich bei der Versorgung der Kunden mit Sicherheit­supdates. Besitzer älterer Geräte bleiben oft außen vor.

Intel wies unterdesse­n Berichte zurück, wonach durch die Behebung der Schwachste­lle mit Softwareup­dates die Computer um bis zu 30 Prozent langsamer würden. Diese Sorge sei übertriebe­n, erklärte der Chipherste­ller. Für den durchschni­ttlichen Computernu­tzer würden die Auswirkung­en auf die Rechnerlei­stung »nicht signifikan­t« sein und sich über die Zeit weiter abschwäche­n.

Aufgrund der hohen Voraussetz­ungshürden ist auch künftig ein massenhaft­er Angriff nach Einschätzu­ng des Sicherheit­sexperten Thomas Uhlemann »nicht zu erwarten«. Die Lücke setze einiges an zeitaufwen­digen Vorbedingu­ngen voraus.

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Foto: iStock/Pavlo Perets
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