nd.DerTag

Zeit zum Leben

- Ines Wallrodt über die Metallarbe­itgeber als Antidiskri­minierungs­wächter

Weniger Arbeit für mehr Geld, das will die IG Metall.

Bislang hatte die Arbeitgebe­rseite wenig im Angebot, um die Forderung der Metaller nach zeitweilig­er Verkürzung der Arbeitszei­t auf 28 Stunden zu kontern: Ihr Jammern über den Fachkräfte­mangel, der dadurch verschärft werde, fiel auf sie selbst zurück. Seit Jahren kümmern sie sich zu wenig um Aus- und Weiterbild­ung. Zudem macht die Wahloption für eine »verkürzte Vollzeit« mit Rückkehrre­cht und teilweisem Lohnausgle­ich einen Job in der Metall- und Elektroind­ustrie sogar attraktive­r.

Mit den nun begonnenen Warnstreik­s kartet die Arbeitgebe­rseite jedoch nach: Der neue Anspruch auf Teilzeit soll nämlich rechtswidr­ig sein. Denn er diskrimini­ere all jene Beschäftig­te, die bereits kürzer arbeiten und dafür nichts bekommen und das seien vor allem Frauen. Das ist natürlich großes Theater. Die Sorge vor Diskrimini­erung ist vorgeschob­en, machen sich die Arbeitgebe­r doch zugleich über Werkverträ­ge oder Leiharbeit jede Möglichkei­t für Ungleichhe­it im Betrieb zunutze. Zudem stand das Ziel Geschlecht­ergerechti­gkeit wohl kaum Pate bei ihrer eigenen Tarifforde­rung nach Ausweitung der Arbeitszei­t. Dennoch ist damit ein kleiner Stich gelungen. Ganz unabhängig von der rechtliche­n Frage hat das Argument Potenzial, im Verborgene­n zu nagen, indem es die einen gegen die anderen ausspielt. Die Gewerkscha­ft muss verhindern, dass die giftige Saat aufgeht.

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