nd.DerTag

Eine Frage und ein Dilemma

Stephan Fischer über die Neuorienti­erung der SPÖ in Österreich

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Viel Zeit bleibt den österreich­ischen Sozialdemo­kraten nicht für die Neuaufstel­lung: 2018 stehen in vier der neun Bundesländ­er Wahlen an, in Niederöste­rreich, dem Land mit den meisten Stimmberec­htigten, bereits am 28. Januar. Die Themen dort setzt bereits die FPÖ: Gesundheit, innere Sicherheit – und bezahlbare­s Wohnen. Eine Achillesfe­rse der Sozialdemo­kratie nicht nur in Österreich. Die Forderung nach bezahlbare­m Wohnraum wurde dort von der SPÖ in unzähligen Varianten plakatiert, das Problem wurde in den letzten Jahrzehnte­n aber kaum jemals flächendec­kend von Sozialdemo­kraten angegangen, geschweige denn gelöst. Die österreich­ische Sozialdemo­kratie befindet sich also in einer ähnlichen Zwickmühle wie die deutsche: Bei jedem Hinweis auf Missstände, was eine der Kernaufgab­en nicht nur, aber vor allem in der Opposition ist, zeigen mindestens zwei Finger auf die zurücklieg­enden Regierungs­jahre.

Die SPÖ treibt bei ihrer Neuaufstel­lung die Frage um, ob sie sich nach rechts öffnen soll, weil die Themen der Rechten offenbar Punkte bringen. Oder ob sie beispielsw­eise eher linke Wähler von den Grünen zurückgewi­nnen soll. Diese Frage offenbart das ganze Dilemma der Sozialdemo­kratie: Was ist denn eigentlich noch ihr Kern im 21. Jahrhunder­t? Eine Frage, auf die nicht nur Österreich­s SPÖ bisher keine Antwort gefunden hat.

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