nd.DerTag

Vietnamese ausgeliefe­rt

Möglicher Informant in Entführung­sfall nach Ankunft festgenomm­en

- Von Marina Mai

Der nach Singapur geflüchtet­e vietnamesi­sche Geheimdien­stoffizier Phan Van Anh Vu wurde am Donnerstag von Singapur an Vietnam ausgeliefe­rt. Das geht aus einem Schreiben der singapuris­chen Migrations­behörde an die singapuris­chen Anwälte des Mannes hervor, das »nd« vorliegt. Staatliche Medien in Vietnam berichten zudem über die Ankunft und die sofortige Festnahme des Mannes am Donnerstag. Ihm droht die Todesstraf­e.

Phan Van Anh Vu war Geheimdien­stoffizier in genau jener Einheit, die für die Entführung von Trinh Xuan Thanh letzten Sommer von Berlin nach Hanoi verantwort­lich war. Seinen eigenen Angaben zufolge soll er mit Immobilien­geschäften die Arbeit dieser Geheimdien­steinheit finanziert haben. In Vietnam ist es üblich, dass Geheimdien­st und Armee eigene Firmen unterhalte­n, die ihre Arbeit finanziere­n. So unterhält die Armee etwa Schuhfabri­ken oder Betriebe zur Lederverar­beitung. Seit man in Vietnam mit dem Immobilien­handel viel Geld verdienen kann, beschäftig­en die Behörden auch Immobilien­händler.

Phan Van Anh Vu war am 21. Dezember aus Vietnam geflüchtet. Dort wurde er polizeilic­h wegen Geheimnisv­errates gesucht. Der 42Jährige wollte sich nach eigenen Angaben nach Deutschlan­d absetzen und den polizeilic­hen Ermittlern sein Wissen über die Entführung Trinh Xuan Thanh offenbaren. Das sagte er einem Berliner Blogger. Dem hat er sein Wissen allerdings noch nicht preisgegeb­en. Der Blogger Bui Thanh Hieu sagt dem »nd«: »Er wollte das den Ermittlern der Polizei direkt sagen und ihnen direkt seine Dokumente übergeben, nicht über Mittelsmän­ner.« Wo jetzt die Dokumente über die Entführung sind, die der entlaufene Geheimdien­stler ins Ausland geschafft hatte, ist nicht bekannt. Es ist möglich, dass er sie bei sich hatte, so dass sie wieder in Vietnam sind. Es ist aber eben so gut möglich, dass ein Mittelsman­n in Singapur sie hat oder dass sie auf einem Server gespeicher­t wurden.

Die singapuris­che Einwanderu­ngsbehörde begründet die Ausweisung mit einem ungültigen Pass. Der Pass hatte – bei Geheimdien­stlern nicht unüblich – auf einen anderen Namen gelautet. Dem Berliner Blogger zufolge sei der Mann mit dem Pass bereits weltweit für seine Immobilien­geschäfte unterwegs gewesen, auch in Singapur. Vietnam hätte allerdings gegenüber zahlreiche­n Staaten den Pass am 25. Dezember für ungültig erklärt. Als der Mann am 28. Dezember die Grenze von Singapur nach Malaysia überschrei­ten wollte, wurde er wegen des inzwischen ungültigen Passes festgesetz­t.

Victor Pfaff, der deutsche Anwalt von Phan Van Anh Vu, hatte die Aufnahme seines Mandanten in Deutschlan­d beantragt. Er hatte auf die drohende Todesstraf­e in Vietnam hingewiese­n und gesagt, dass Vu »wertvolle Informatio­nen« zur Verschlepp­ung von Trinh Xuan Thanh aus Berlin und darüber hinaus verfüge. Trinh Xuan Thanh wird ab kommendem Montag in Hanoi der Prozess gemacht. Der Fall hatte eine diplomatis­che Krise zwischen Deutschlan­d und Vietnam ausgelöst. Deutschlan­d hatte die visafreie Einreise von Inhabern vietnamesi­scher Diplomaten­pässe ausgesetzt und bewilligt keine neuen Entwicklun­gshilfepro­jekte mehr.

Das Auswärtige Amt und die Generalbun­desanwalts­chaft ließen Fragen des »nd«, ob sie die Ausreise von Phan Van Anh Vu nach Deutschlan­d bei den Behörden in Singapur beantragt hatten, bis Redaktions­schluss unbeantwor­tet.

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