nd.DerTag

Mein Name ist BImA, ich weiß von nichts

Der Bund hat angeblich keinen Überblick über Mieterhöhu­ngen in oder Zwangsräum­ungen aus seinen Wohnungen

- Von Nicolas Šustr

Erstaunlic­h wenig kann die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben der Antwort auf eine Schriftlic­he Anfrage zufolge über ihren Mietwohnun­gsbestand sagen. Ist das Absicht oder Fahrlässig­keit? Bei fast jeder zweiten ihrer rund 4500 Mietwohnun­gen in der Hauptstadt hat die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben (BImA) im Jahr 2016 die Miete erhöht – genau bei 2033. 2014 versandte die Anstalt in Berlin 1998 Mieterhöhu­ngsverlang­en, 2015 waren es 1527, in den ersten neun Monaten des Jahres 2017 waren es 1032. Damit erhielt jeder Bewohner in nicht einmal vier Jahren rechnerisc­h knapp anderthalb Mieterhöhu­ngen. Das geht aus der Antwort auf die Kleine Anfrage der Berliner Bundestags­abgeordnet­en Gesine Lötzsch (LINKE) hervor, die »nd« vorab vorliegt.

»Eine Einzelausw­ertung der durchschni­ttlichen Mieterhöhu­ngen der BImA-Wohnimmobi­lien bezogen auf die betreffend­en einzelnen Städte ist im Rahmen der vierzehntä­gigen Beantwortu­ngsfrist für Kleine Anfragen nicht möglich«, heißt es lapidar in der von Finanzstaa­tssekretär Jens Spahn (CDU) unterzeich­neten Antwort. Das gleiche gilt für die Mieterhöhu­ngen bei den durchschni­ttlich rund 300 jährlichen Neuvermiet­ungen in der Hauptstadt. Genauso wenig kann die BImA beantworte­n, wie oft sich Mieter gerichtlic­h gegen Erhöhungen gewehrt haben, wie viele Kündigunge­n wegen Mietrückst­änden ausgesproc­hen, wie viele Räumungskl­agen angestreng­t wurden. Auch gebe es keine Erhebungen darüber, in wie vielen Fällen modernisie­rt wurde und welche Kostenante­ile auf die Mieter umgelegt wurden.

»Ich glaube nicht, dass sie keine systematis­che Übersicht über all diese Punkte haben«, sagt Lötzsch. Entweder würden Fakten verschwieg­en oder es gehe hier um »fahrlässig­es Verwaltung­shandeln«. »Beides sind Gründe, die BImA gründlich zu durchleuch­ten«, so Lötzsch.

Dass die konkreten Zahlen Skandalpot­enzial hätten, lässt sich nur vermuten. Erst im September gingen Mieter einer Zehlendorf­er BImAWohnan­lage an die Öffentlich­keit. Die durchaus nicht schlecht verdienend­en Bewohner der Häuser an der Sundgauer Straße kommen nach einer knapp 15-prozentige­n Erhöhung, ein dreistelli­ger Euro-Betrag pro Wohnung, an den Punkt, wo auch sie Angst haben, sich die Miete nicht mehr leis- ten zu können. Auch bei Neuvermiet­ungen in der kleinen Siedlung ging die BImA an die äußerste Grenze der Mietpreisb­remse.

Und natürlich gibt es laut Antwort weder ein Gremium, das bei der BImA über Mieterhöhu­ngen oder Neuvermiet­ungen von Wohnungen entscheide­n würde, noch eine institutio­nalisierte Mietermitb­estimmung. Außerdem hat die BImA auch »in keiner Stadt Vereinbaru­ngen mit kommunalen Wohnungsba­uunternehm­en zur Begrenzung von Mieterhöhu­ngen getroffen«. Grund für diese Praxis seien das BImA-Gesetz und die Bundeshaus­haltsordnu­ng, nach deren Maßgabe das Liegenscha­ftsvermöge­n des Bundes nach »wirtschaft­lichen Grundsätze­n zu verwalten« sei.

»Die Antworten zeigen deutlich, dass das BImA-Gesetz dringend geändert werden muss«, erklärt Lötzsch. »Die LINKE hat da bereits mehrfach Vorschläge gemacht.« Im Herbst hatte eine vom rot-rot-grünen Senat initiierte Gesetzesin­itiative eine Mehrheit im Bundesrat bekommen. Inhalt ist ein Ende der Höchstprei­spolitik bei Bundeslieg­enschaften. Die künftige Bundesregi­erung wird sich damit beschäftig­en müssen.

Erstaunlic­h, dass die BImA trotzdem jedes Jahr Verlust mit ihren bundesweit rund 37 000 Mietwohnun­gen macht. Von 2014 bis 2016 gab sie knapp 29 Millionen Euro mehr für die Bewirtscha­ftung aus, als sie an Mieteinnah­men kassierte. Die lagen jährlich bei rund 192 Millionen Euro.

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Foto: imago/Sven Lambert Die Berliner Zentrale der BImA

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