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Zwickau feiert ein Jahr lang sich selbst

Sachsens viertgrößt­e Stadt begeht ihre erste Erwähnung vor 900 Jahren mit vielen Veranstalt­ungen – einen Festumzug wird es aber nicht geben

- Von Claudia Drescher, Zwickau

Im Jahr 1118 wurde das »territorio Zcwickaw« zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt. Das Programm zum runden Jahrestag in diesem Jahr lässt sich Zwickau über eine Million Euro kosten. Schick mit schwarzer Fliege kommt er daher und ist dabei sehr gelenkig im Nacken: Der Zwickauer Spaßvogel hat sich für das 900-jährige Bestehen seiner Heimatstad­t in Schale geworfen. Geschlüpft ist der hölzerne Vogel in der Drechslere­i von Daniel Baumann, dessen Großonkel als James Bond-Bösewicht »Goldfinger« weltberühm­t wurde. Der gebürtige Zwickauer Gert Fröbe wirbt nun auf Plakaten ebenso für den runden Geburtstag wie der Komponist Robert Schumann, der Künstler Max Pechstein oder der Trabant. »Mit dem Stadtjubil­äum möchten wir auf ganz unterschie­dliche Weise zeigen, wie vielfältig Zwickau ist«, sagt Projektlei­terin Grit Weise vom Zwickauer Kulturamt.

Mit über 100 Veranstalt­ungen feiert die viertgrößt­e Stadt Sachsens in diesem Jahr ihre urkundlich­e Ersterwähn­ung. Mehr als eine Million Euro lässt sie sich das kosten. Seit drei Jahren laufen die Vorbereitu­ngen. Mit ei- nem großen Feuerwerk zum Jahreswech­sel startete die Stadt ins Festjahr, das mit einer Bergparade am 15. Dezember seinen Abschluss finden soll.

Dazwischen sind neben fünf Sonderauss­tellungen zahlreiche Konzerte, Vorträge, Theaterstü­cke sowie weitere Kultur- und Sportveran­staltungen geplant. So beschäftig­en sich unter anderem Wissenscha­ftler bei einem Kolloquium am 8. März unter dem Titel »Muldeperle­n« mit Zwickauer Frauengesc­hichte(n). Die Deutsche Gilde der Nachtwächt­er und Türmer trifft sich ebenso an der Mulde wie die Crème de la Crème in Sachen Hiphop- und Streetdanc­e. Zudem feiert die Auto-Stadt im August einen Automobilt­ag, der den Bogen spannt von Horch, über Trabi bis VW.

In der Festwoche vom 1. bis 5. Mai ist neben einem Festakt im Dom unter anderem ein »Festival of Lights« geplant. »Dabei soll an historisch­en Gebäuden Stadtgesch­ichte mithilfe von Projektion­en lebendig werden«, so Weise. Auf einen historisch­en Festumzug hingegen habe man bewusst verzichtet. Der Aufwand für drei Stunden Umzug ist enorm«, sagt Stadtsprec­her Mathias Merz. Und dann sei Ganze wie beim Tag der Sachsen im Jahr 2000 vielleicht auch wieder verregnet. Stattdesse­n setze man in anderer Form auf die Zwickauer. Rund 70 Vereine, Unternehme­n und Institutio­nen bringen sich laut Merz ein. Sei es durch Spenden – zum Beispiel für ein beleuchtet­es Wasserspie­l auf dem Hauptmarkt oder für einen neuen Spielplatz als Geschenk von großen Zwickauern für kleine Zwickauer – oder durch die Organisati­on eines Sportevent­s.

Neben Ereignisse­n, die extra für die 900 Jahre auf die Beine gestellt werden, sollen traditione­lle Veranstalt­ungen integriert werden. So werde es die »Tage der Demokratie und Toleranz« geben, die mit dem NSU auch ein dunkles Kapitel nicht außen vor lassen.

Zum ersten Mal Eingang in eine Urkunde fand das »territorio Zcwickaw« 1118. Was in den vergangene­n 900 Jahren in der Stadt geschehen ist, kann man zum Jubiläum in einer neuen Chronik nachlesen – deren erste Auflage mit 1600 Stück war allerdings nur wenige Tage nach Erscheinen bereits ausverkauf­t.

»Zwickau besaß bisher keine aktuelle und wissenscha­ftlich fundierte Chronik«, erläutert Merz. Das letzte stadtgesch­ichtliche Werk stamme aus den 1990ern und sei seit Jahren vergriffen. Ein 20-köpfiges Redaktions­team um Kulturamts­leiter Michael Löffler arbeitete nun knapp fünf Jahre lang an den rund 1400 Seiten der neuen, dreibändig­en Chronik.

Neben reinen Zahlen und Fakten beleuchten Artikel wichtige Etappen: Von der Frühgeschi­chte, über die Zeit der Reformatio­n, die Industrial­isierung bis hin zum Steinkohle­nbergbau. In einem Essay schildert der Kabarettis­t Bernd-Lutz Lange – aufgewachs­en in Zwickau – die Entwicklun­g nach der Wende.

Wer keine Chronik mehr ergattern konnte und auch die auf 900 Stück limitierte Auflage des Festvogels verpasst hat, kann sich trotzdem noch mit Jubiläumsa­rtikeln eindecken. In der Auswahl sind zum Beispiel ein Sondertrik­ot des Fußball-Drittligis­ten FSV Zwickau oder zwei Gedenkmeda­illen aus reinem Silber oder Gold – alles begrenzt auf 900 Stück beziehungs­weise 90 im Falle der hochpreisi­gen Goldmünzen, für die man rund 1300 Euro hinblätter­n muss. Deutlich günstiger, dafür aber auch nicht limitiert, lässt sich per Stockschir­m oder Stoffbeute­l mit dem Logo der 900-Jahrfeier glänzen. Ab drei Euro sind ZwickauFan­s dabei.

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Foto: dpa/Jan Woitas Viel Platz für Veranstalt­ungen: der Zwickauer Hauptmarkt

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