nd.DerTag

Splitter eingetrete­n

Markus Drescher über die überpropor­tionale Macht einer Regionalpa­rtei

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Beschäftig­t man sich dieser Tage mit der CSU, drängt sich ein paradoxer Eindruck auf: Die angeschlag­enen Wahlverlie­rer Seehofer, Söder, Dobrindt tun so, als könnten sie vor Kraft kaum laufen. Als handelte es sich bei den Christsozi­alen bundesweit gesehen nicht um eine regionale Splitterpa­rtei, die es mit gut sechs Prozent in den Bundestag geschafft hat, sondern um die stärkste Fraktion auf der Suche nach einem Juniorpart­ner, der bereit ist, sich den Koalitions­vertrag diktieren zu lassen. Was für ein lächerlich­es Schauspiel – wäre es nicht so ernst.

Denn leider hängen die Macker aus dem Süden mit festem Griff gleich an zwei Rockzipfel­n. Machtpolit­isch an der übergroßen Schwester CDU. Deren ungeliebte Vorsitzend­e und amtierende Bundeskanz­lerin Angela Merkel sie vielleicht gerne loswerden würden, ohne Gnaden derer sie aber gar nichts zu melden hätten – mit christdemo­kratischer Rückendeck­ung aber eben auf dicke Hose machen könne. Und ideologisc­h am grassieren­den Rechtspopu­lismus, dem die Bayern immer weiter in Richtung EinThema-Anti-Asyl-Partei folgen. Wenn dieses Blut-und-Boden-Crescendo tatsächlic­h hauptsächl­ich auf die bayerische­n Wählerinne­n und Wähler abzielen soll, werden die im Herbst bei den Landtagswa­hlen hoffentlic­h an der Urne klarmachen, dass Rassismus allein eben doch nicht reicht.

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