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Sprengstof­f, der in Atem hält

- Von Christian Baron

Wenn eine Verlagsvor­schau das »explosive« Buch eines »Starjourna­listen« ankündigt, in dem irgendwer irgendwas »enthüllt«, über irgendwen »auspackt« oder von irgendwem »Skandalöse­s« berichten zu können vorgibt, was für manch anderen »Sprengstof­f« bedeute und darum »eine Nation in Atem« halte, dann sagt diese Stanzenpar­ade mehr über den Autor aus als über die Personen, auf deren Kosten das Werk die Bestseller­listen anführen soll.

Michael Wolff ist in diesem Segment des US-Sachbuchbe­triebs, wie es der Nachrichte­nagenturbü­rokratenjo­urnalismus formuliere­n würde, ein Vollprofi. Der 64-Jährige hat sich als Kolumnist von »USA Today«, »The Hollywood Reporter« und »Vanity Fair« einen Namen gemacht und sieben Bücher geschriebe­n, darunter eine 2008 erschienen­e Biografie des Medienmogu­ls Rupert Murdoch. Angepriese­n hatte es der Verlag mit dem Hinweis, Wolff habe auf 50 Gesprächss­tunden mit seinem Protagonis­ten zurückgrei­fen können. Am Ende standen wenige Zitate des Meinungsma­chers zwischen den Buchdeckel­n, dafür umso mehr Klatsch. Natürlich wurde es ein großer Verkaufser­folg.

Mit »Fire and Fury: Inside the Trump White House« dürfte Wolff endgültig ausgesorgt haben. Indem er sich den weltweit am meis- ten gehassten und am wenigsten ernst genommenen Mann vorknöpft, geht Wolff kein Risiko ein. Weil Donald Trump das Buch vom Markt klagen will, zog das Verlagshau­s Henry Holt und Company die Veröffentl­ichung vor und lieferte es am Freitag aus. Das deutet darauf hin, dass selbst die Produzente­n einige Anekdoten für justiziabe­l halten. Die vorab lancierten und unter anderem über Trumps Ex-Berater Steve Bannon recherchie­rten Aussagen zielen auf die bloße Charakteri­sierung des US-Präsidente­n als Vollidiote­n ab.

Am Ende kann bei all dem politisch nur einer gewinnen: Trump. Er wird seine Opferrolle kultiviere­n und seinerseit­s mit »explosiven Enthüllung­en« über Gegner »die Nation in Atem halten«, damit niemand auf die Idee kommt, über wichtige Dinge zu reden.

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Foto: AFP/Ben Gabbe Donald Trump will sein Buch vom Markt klagen: Michael Wolff

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