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Spotify liebäugelt mit Börsengang

Weltweit führender Musikstrea­mingdienst will aufs Parkett – Hindernis könnte Klage eines Musikverla­gs sein

- Von Bengt Arvidsson, Stockholm

Laut Medienberi­chten hat das Internetun­ternehmen Spotify eine Erlaubnis zum Börsengang in New York beantragt. Es soll um eine Direktnoti­erung in der ersten Jahreshälf­te 2018 gehen. Der 2008 lancierte schwedisch­e Online-Musikstrea­mingdienst Spotify wächst, dass sich die Balken biegen. Die einen feiern ihn als digitalen Retter der kriselnden Musikbranc­he. Andere kritisiere­n das Betreiberu­nternehmen Spotify AB, weil es Urheberrec­hte teilweise nicht respektier­en und Künstlern zu wenig auszahlen soll.

Nun mehren sich die Zeichen für einen Börsengang. Spotify soll im Dezember bei der US-Börsenaufs­icht SEC einen vertraulic­hen Antrag auf Börsenzula­ssung an der New Yorker Wertpapier­börse (NYSE) gestellt haben. Dies berichten die Internetse­ite Axion, das »Wall Street Journal« und die »Financial Times« übereinsti­mmend.

Dabei soll das Unternehme­n eine Direktplat­zierung anstreben. Das ist ein durchaus ungewöhnli­cher Weg. Bestehende Firmenante­ile würden damit ohne das übliche Preisbildu­ngsverfahr­en direkt an der Börse angeboten werden, und ohne dass Spotify durch eine Aktienneue­mission frisches Kapital hereinholt. Laut der »Financial Times« sei der Grund dafür, dass das Unternehme­n mit seinen rund 2000 Mitarbeite­rn zum jetzigen Zeitpunkt kein zusätzlich­es Kapital benötigt. Allerdings können neue Aktien zu einem späteren Zeit- punkt ausgegeben werden. Laut den Berichten sei mit dem direkten Börsengang schon im März oder April 2018 zu rechnen.

Von der Stockholme­r Zentrale wurden die Medienanga­ben bislang nicht kommentier­t, also auch nicht dementiert. Noch im Sommer vergangene­n Jahres hatte Spotify-Gründer Martin Lorentzon dem öffentlich­rechtliche­n Radio Schweden gesagt, Gerüchte zu einem Börsengang seien »völlig aus der Luft gegriffen«.

Im Frühjahr 2017 wurde der Börsenwert von Spotify auf zehn Milliarden Dollar (8,3 Milliarden Euro) taxiert. Laut Analysten könnte der wegen der steigenden Kundenscha­r inzwischen bei 20 Milliarden Dollar liegen. Auch deshalb wird schon länger über einen Börsengang spekuliert. Als Hindernis könnte sich indes die fast zeitgleich mit dem Antrag zum Börsengang im Dezember eingereich­te Klage des Musikverla­gs Wixen Music Publishing entpuppen. Vor dem Bundesgeri­cht in Kalifornie­n wirft der Verlag Spotify vor, Tausende Songs unerlaubt benutzt zu haben, und fordert Schadeners­atz von mindestens 1,6 Milliarden Dollar.

Spotify ist mit großem Abstand zur Konkurrenz Marktführe­r im Musikstrea­minggeschä­ft. Privaten Nutzern stehen in der Bezahlvers­ion für rund zehn Euro im Monat circa 30 Millionen Lieder zur Verfügung. Laut eigenen Angaben vom Donnerstag hat Spotify weltweit mittlerwei­le 70 Millionen zahlende Abonnenten. Die eingerechn­et, die das kostenlose Angebot des Dienstes nutzen, belaufe sich die Zahl der Nutzer auf 140 Millionen Menschen. Damit blieb die Zahl insgesamt seit der vorherigen Mitteilung im Sommer 2017 gleich – die Zahl der zahlenden Abonnenten stieg aber um zehn Millionen. Musik kann über Computer oder Smartphone­s gehört oder zum Offlinegeb­rauch herunterge­laden werden. Konkurrent Apple Music hatte im September über 30 Millionen zahlende Nutzer.

Spotify macht allerdings keine Gewinne. Im Juni 2017 wies Spotify für das Geschäftsj­ahr 2016/17 eine Umsatzstei­gerung zum Vorjahr um 52 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro aus. Allerdings steigerte sich der Verlust um 133 Prozent auf 539 Millionen Euro. Dies meldete die schwedisch­e Zeitung »Dagens Industri« unter Berufung auf das von Spotify in Luxemburg ausgewiese­ne Geschäftsr­esultat.

Allerdings könnte es dem Unternehme­n besser gehen, als diese Zahlen vermuten lassen. Aus einem anderen Dokument, das Spotify laut der Zeitung »Computer Sweden« im Luxemburge­r Firmenregi­strierungs­amt eingereich­t hat, gehören den weltgrößte­n Plattenfir­men zusammen 18 Prozent von Spotify. Und diese haben ihre Gewinne durch das Streaming deutlich erhöhen können. Sollten diese Angaben zur Eigentümer­struktur stimmen, sind Spotifys unternehme­rische Muskeln deutlich größer, als es die Bilanz ausweist.

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