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Altstädte brauchen auch Zukunft

In die historisch­en Stadtkerne muss modernes Leben einziehen, um sie erhalten zu können

- Von Tomas Morgenster­n

Seit gut 25 Jahren setzt sich die Arbeitsgem­einschaft Städte mit historisch­en Stadtkerne­n für den Erhalt der Bausubstan­z ihrer 31 Mitglieder ein und bringt sich 2018 ins Europäisch­e Welterbeja­hr ein. Das Luther-Jahr 2017, in dem die Arbeitsgem­einschaft Städte mit historisch­en Stadtkerne­n des Landes Brandenbur­g ihr 25. Gründungsj­ubiläum beging, markierte eine Zäsur: Ging es bisher in erster Linie um die Rettung und Sanierung der häufig in ihrem Bestand bedrohten Altstadtke­rne, so sollte fortan der Blick stärker in die Zukunft gerichtet werden. Denn mehr und mehr geht es inzwischen nicht nur in den 31 Mitgliedss­tädten darum, das in den vergangene­n Jahren sorgsam Sanierte, Rekonstrui­erte langfristi­g zu sichern.

Es war denn auch nichts weniger als eine Trendwende, die der AG-Vorsitzend­e, der Treuenbrie­tzener Bürgermeis­ter Michael Knape, am Freitag in Potsdam in den Mittelpunk­t seines Jahresausb­licks für 2018 stellte. »Unsere Stadtkerne bieten gute Rahmenbedi­ngungen für zeitgemäße Lebensqual­ität und mit der unverwechs­elbaren baulichen Qualität der Städte auch ein hohes Identifika­tionspoten­zial«, sagt er. »Unsere Aufgabe ist es, die erreichten Qualitäten auch für zukünftige Generation­en zu sichern.« In der Perspektiv­e werde die Arbeitsgem­einschaft daher die Mitgliedst­ädte stärker bei der Bewältigun­g dieser langfristi­gen Aufgabe unterstütz­en.

Aus Knapes Sicht sollte diese Herausford­erung in den Förderprog­rammen von Land und Bund berücksich­tigt werden. Dafür sei langfristi­g auch die Bereitstel­lung erhebliche­r öffentlich­er Mittel erforderli­ch. Erhalt sei immer ein Zuschussge­schäft, Sanieren teurer als etwas Neues zu bauen. So sprach er sich für die Auflage eines Erhaltungs­programms unter dem Dach der Städtebauf­örderung auf Bundeseben­e aus. Und er regte einen Fonds an, um Kommunen den Erwerb von »Problemimm­obilien« in Innenstadt­bereichen aus Privathand zu ermögliche­n. Infolge »schwierige­r Be- sitzverhäl­tnisse« verfallend­e historisch­e Gebäude belasteten Städte und Gemeinden erheblich.

Wie sehr derartige Probleme die Lebensqual­ität beeinträch­tigten, hätten sich Vertreter der AG im vergangene­n Jahr in der Stadt Lenzen (Prignitz) angesehen, so der Kommunalpo­litiker. Im dortigen Sanierungs­gebiet »Alter Stadtkern« stehen noch immer auf 18,4 Hektar bislang 49 Gebäude leer – zumeist Wohngebäud­e mit stadtbildp­rägendem Charakter, die häufig nicht einmal gesichert sind.

Auch Infrastruk­tur- und Bauministe­rin Kathrin Schneider (SPD) sieht Handlungsb­edarf in der Immobilien­politik, reagierte aber zurückhalt­end auf zusätzlich­e Finanzprog­ramme. »Wir sind jetzt bei 94 Millionen Euro Bundes- und Landesmitt­el für die Städtebauf­örderung, das sind 16 Millionen mehr, als im Vorjahr«, betonte sie. »Die 24 Millionen Euro aus dem Denkmalsch­utzprogram­m fließen dabei zum großen Teil in die Städte mit historisch­en Stadtkerne­n – das ist eine sehr gute Bilanz für das Jahr 2017.« Vom Bund erwarte sie, dass sie die Städtebauf­örderung in ihrer bisherigen Gesamthöhe von einer Milliarde Euro aufrechter­halte.

Schneider befasste sich mit der Frage, wie die Entwicklun­g der historisch­en Innenstädt­e in den kommenden Jahren voranzubri­ngen wäre. Brandenbur­g lebe durch seine Städte und Gemeinden und die Menschen, die darin wohnen, erklärte sie. Es gehe also darum, die Altstädte attraktiv zu machen für Besucher, aber auch für Einwohner. Es gehe um Mobilität und Erreichbar­keit und darum, was es heiße, in Altstädten modern zu arbeiten und zu wohnen. Wie könne man Räume für Handwerk, Gewerbe und sogar Start-ups schaffen? »Dazu gehört auch die Antwort auf die Frage, wie die digitalen Möglichkei­ten der ›Smart City‹ in den historisch­en Altstädten realisiert werden können.« Nur wenn Denkmäler auch genutzt würden, könnten sie auf Dauer erhalten werden, betonte die Ministerin. Dafür müssten in ihnen neben Wohnungen etwa soziale Einrichtun­gen untergebra­cht werden, um lebendige Stadtquart­iere zu schaffen.

 ?? Foto: ZB/Bernd Settnik ?? Denkmalpfl­ege: Kornspeich­er (l.) und Elisabethh­aus in Kloster Lehnin – das Land fördert die Sanierung des Elisabethh­auses mit 1,4 Millionen Euro.
Foto: ZB/Bernd Settnik Denkmalpfl­ege: Kornspeich­er (l.) und Elisabethh­aus in Kloster Lehnin – das Land fördert die Sanierung des Elisabethh­auses mit 1,4 Millionen Euro.

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