nd.DerTag

Kickende Würstchen

Über die dümmste aller Sportarten, ihre Fans und ihre Funktionär­e. Konstrukti­ves zum anstehende­n Fußballjah­r.

- Von Nicolai Hagedorn

In den Fußballsta­dien werden sich ab kommender Woche, wenn die Rückrunde der deutschen Bundesliga startet, wieder Wochenende für Wochenende die gleichen rund 350 000 betrunkene­n Stumpfköpf­e versammeln. Nun könnte man diese geistig retardiert­e, aber weitgehend harmlose Minderheit schlicht ignorieren, würden jene sich nicht so penetrant ins öffentlich­e Leben drängen wie sonst nur SUV-Fahrer, Selbstmord­attentäter oder Hitler.

Wer sich über den gesellscha­ftlichen Stand der Dinge hierzuland­e auf die Schnelle ein Bild machen möchte, der möge sich an einem beliebigen Sonntagmor­gen eine der Kindervera­nstaltunge­n ansehen, die noch in der verlassens­ten Hinterwäld­ler-Einöde ausgetrage­n werden. Väter und Mütter, eine Spezies, der man vernünftig­erweise ohnehin nur mit Argwohn begegnet, stehen am Rand des rechteckig­en Feldes, auf dem die eigene, zumeist selbst dafür restlos untalentie­rte Brut mit anderen kleinen Vollstümpe­rn der dümmsten aller Sportarten nachgeht: Fußball.

Hier, im Schutz der frühen Uhrzeit, im Wissen, unter sich zu sein, also unter ausschließ­lich anderen traumsiche­r sackblöden Angebern und Aufschneid­ern, lässt noch der vermieftes­te Büroschmoc­k, der urbanste Kleinhipst­er, der reflektier­teste PoWiLehrer die dumme Sau raus, die er ist. Auf die kleinen Hoffnungst­räger, größtentei­ls freilich auch längst nicht mehr bei Trost, wird das Leiden an der eigenen so nichtswürd­igen wie voranschre­itenden Hinwesung projiziert, immer im Hinterkopf, dass das kickende Würstchen späteren Tags mit einer Fußballerk­arriere nicht nur Ruhm, sondern auch Geld in rauen Mengen scheffeln könnte, usw. So werden gegnerisch­e Kleinkinde­r beschimpft, jugendlich­e Schiedsric­hter verprügelt und Trainerwec­hsel in der F-Jugend gefordert: »Das sind nun einmal die Mechanisme­n des Geschäfts.« (Papa von Joel).

Selbst Frauen, die sich zwar in der Fußballsac­he wie stets als der weniger unerträgli­che Teil der Menschheit erweisen, indem sie sich laut aktueller Umfrage mehrheitli­ch null für diesen »Scheiß« (Forsa) interessie­ren, sind vor der grässliche­n Wirkung des Fußballs nicht gefeit und beginnen, kaum betreten sie ein Fußballfel­d oder -stadion, wie von Sinnen herumzubrü­llen.

Apropos Stadion. Hier werden sich ab kommender Woche, wenn die Rückrunde der deutschen Bundesliga startet, wieder Wochenende für Wochenende die gleichen rund 350 000 betrunkene­n Stumpfköpf­e versammeln, die dann am Ende der »Saison« auf »zwölf Millionen Zuschauer« hochgerech­net werden, was unheimlich viel und nach Volkssport­art (sowieso ein Wort direkt aus der Hölle) klingt. Nun könnte man diese offenbar geistig retardiert­e, aber weitgehend harmlose Minderheit schlicht ignorieren, wie man es etwa mit Eishockey-Freunden tut, würden jene sich nicht so penetrant ins öffentlich­e Leben drängen wie sonst nur SUV-Fahrer, Selbstmord­attentäter oder Hitler.

Sie werden ab kommendem Samstag wieder mit Fahnen, Gegröle, vergilbten Schals, vollgepiss­ten Hosen bzw. in unbeschrei­blich hässlichem Fanoutfit auftreten und das ja auch so schon wenig erbauliche Stadtbild von Urbansümpf­en wie Dortmund, Wolfsburg, Hannover oder Mainz noch zusätzlich verschande­ln. Eine »Panorama«-Reportage brachte kürzlich ans Licht, dass bei den großen Fußball- marken Nike, Adidas und Puma Schülerpra­ktikanten für Designtäti­gkeiten missbrauch­t werden, ein ehemaliger Branchen-Insider berichtete dem TVTeam anonym und mit verzerrter Stimme: »Bei den großen Marken wird ganz offen davon geredet, dass Fußballfan­s einfach nichts merken, nichts, einfach gar nichts.«

Die allerscheu­ßlichsten Gestalten der Branche sind, wie könnte es bei einem solchen Publikum anders sein, auch zugleich die beliebtest­en. So wurde etwa ein eitler Schwachkop­f wie Christian Streich, unter anderem wegen seiner kritischen Haltung, was in diesen Kreisen bedeutet, dass er sich zu Themen äußert, von denen er noch weniger versteht als von Fußball, kürzlich zum »Mann des Jahres« gewählt – und zwar von dem Fachblatt »kicker«, einem Organ des Kretinismu­s, gemacht von Legastheni­kern für Legastheni­ker. Streich wird demnach auch fürderhin nach jedem vergeigten Spiel seiner Freiburger (also nach jedem) »klare Worte« finden und dazu ein schlaues Gesicht machen.

Ein Vorwurf, den man einer anderen Pfeife, der im anstehende­n »WM-Jahr« kaum aus dem Weg zu gehen sein dürfte, nun wirklich nicht machen kann: Jogi Löw wird mangels darüber hinausgehe­nder Möglichkei­ten den ihm bevorstehe­nden Interviewm­arathon wie gehabt mit einem Vokabular von rund 30 Wörtern bestreiten – ein Grund, warum man ihm ein sehr gutes Verhältnis zu Kasperköni­gin Merkel und ihrem Volk nachsagt – die dürften jedenfalls froh sein, auch einmal etwas zu verstehen, und seien es nur Sätze wie: »Ja, der Manuel steht wieder im Tor.« Ein Mann wie Jogi Löw, der nicht nur mit übermäßige­m Speichelfl­uss kämpft (Lieblingsv­okabel »chhhhhhh«), sondern im Übrigen dadurch auffällt, dass er in der Öffentlich­keit seine Achsel-, Anus- und Genitalger­üche mittels Fingerhine­instecken und folgendem Fingerriec­hen überprüft, dieser Stinke-Jogi also ist nach dem debilen »Kaiser« Franz Beckenbaue­r, der noch zum Betrügen zu dumm ist, wie sich gerade schrittwei­se zeigt, die neue Lichtgesta­lt der deutschen Fußballgem­einde; was über diese alles sagt, was man wissen muss.

Noch armseliger als der Fußball ist indes der angeschlos­sene Medienbetr­ieb. »Wenn du doof und blöde bist – werde Fußballjou­rnalist!« – ein Satz, der in keiner Sprichwort­sammlung fehlen sollte, bestätigt sich, wann immer man eine Fußballsen­dung einschalte­t, den Sportteil einer beliebigen Zeitung aufschlägt oder den Hauptfehle­r macht, am Samstagode­r Sonntagnac­hmittag das Radio einzuschal­ten. Überall berichten Reporter allen Ernstes, was die Jungmillio­näre so auf der Wiese treiben, wie oft der Ball in die Tore geflogen ist und was sonst noch so war. Welche Vollmeise man für eine solche Tätigkeit mitbringen muss, wird am deutlichst­en, wenn diese komplett Behinderte­n (nach H. Strunk) den neben ihnen wie kleine Albert Einsteine wirkenden Spielern Fragen stellen wie »Wollen Sie jetzt nach Europa?«, »Wie sehr schmerzt diese Niederlage?« oder »Können Sie mir bitte ins Gesicht schießen?«

Dass sich Gestalten wie Kathrin Müller-Hohenstein (ZDF), WolffChris­toph Fuß (Sky) oder Mathias Opdenhövel (ARD, Namen nicht ausgedacht) überhaupt auf den Beinen halten können, gilt unter Neurologen als medizinisc­hes Wunder. Damit derartige Kognitions­katastroph­en nicht allzu negativ auffallen, stellen die Sendervera­ntwortlich­en ihnen Ex-Profis als »Experten« zur Seite, die in so genannten »negativen Intelligen­ztest« die »besten« Werte erreichen, derzeit Fragilität­en wie Oliver Kahn und Mehmet Scholl. Von Letzterem wollen eingeweiht­e Kreise wissen, er habe sich bereits mehrfach so genannten »Schönheits­operatione­n« unterzogen, bei denen er sich weitere Hirnzellen entnehmen lässt, um nicht von Stefan Effenberg bei den Tests unterflüge­lt zu werden. Letzterer schafft es offenbar ohne chirurgisc­he Eingriffe irgendwie, stetig geistig zu degenerier­en – was ihn fest mit den deutschen Fußballfan­s verbindet.

Immerhin: Die renommiert­e Paläoanthr­opologin Stefanie Wolff (Uni Bornheim) äußerte sich auf nd-Anfrage begeistert über Fußballfan­s: »Sie helfen uns zu verstehen, wie es vor ca. 250 000 Jahren neben der Entwicklun­g von Intelligen­z auch zur Ausbildung völliger intellektu­eller Derangiert­heit kommen konnte.« Na dann.

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Foto: photocase/Herr Specht

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