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Aids: Hoffnung am Kap

- Von Reinhard Renneberg, Kapstadt

Kapstadt – ein Traum, auch für den Biolumnist­en RR. Ich besuche meinen Kollegen Wolfgang Preiser, der seit 2005 in Südafrikas AidsForsch­ung arbeitet. Als ich ihn vor 15 Jahren erstmalig per E-Mail kontaktier­te, schockiert­en mich die Zahlen der HIV-Infizierte­n. Die bewusst verzerrte Karte von Mark Newman im Cartoon zeigt die Länder der Erde proportion­al zur Zahl der HIV-Infizierte­n aufgebläht – erschrecke­nd für Afrika!

Preiser, geboren in Frankfurt am Main, hat viel Elend vom Kap bis Tansania gesehen. Dennoch ist er ein fröhlicher Optimist geblieben. Er berichtet von aufkeimend­er Hoffnung: Vor 16 Jahren wurde, zunächst zögerlich, mit der AntiRetrov­iralen Therapie (ART) in Mandelas Heimat begonnen. Seit etlichen Jahren ist ART im ganzen Land etabliert. Das Gesundheit­ssystem Südafrika ist besser als in vielen afrikanisc­hen Ländern und für die Armen kostenlos.

2001 nahmen HIV-positive Patienten noch mehrere verschiede­ne Medikament­e pro Tag. Die Nebenwirku­ngen waren bei den anfänglich eingesetzt­en Mitteln zum Teil heftig, manchmal lebensbedr­ohlich. Heute werden besser verträglic­he Mittel, oft als sogenannte »fixed dose«-Kombinatio­nspillen, eingesetzt.

Im Jahre 2017 berichtete das Aids-Programm der Vereinten Nationen UNAIDS zum Weltaidsta­g am 1. Dezember: Hatten im Jahre 2000 685 000 Menschen mit Aids weltweit Zugang zur Therapie, so sind es heute bereits 21 Millionen!

Südafrika hat dabei das größte lebensrett­ende ART-Programm der Welt. Mehr als vier Millionen Infizierte sind dort in Behandlung. Neuinfekti­onen bei Babys verringert­en sich zwischen 2010 und 2016 um 56 Prozent.

Das neue ART-Medikament Dolutegrav­ir soll in diesem Jahr den Durchbruch bringen. 2001 erlaubte die ANC-Regierung die einheimisc­he Produktion von Anti-AidsMittel­n unter Umgehung des Patentschu­tzes. Ohnmächtig­es Wutgeheul bei den transnatio­nalen Pharma-firmen ...

2003 beschloss man angesichts einer düsteren Zukunft die ARTBehandl­ung. 47 000 Menschen wurden bereits 2004 behandelt. 2005 waren erschrecke­nde fünf Millionen Menschen HIV-positiv – mit der höchsten Infektions­rate der Welt.

Präsident Thabo Mbeki trat 2008 zurück. Seine Weigerung anzuerkenn­en, dass Aids von Viren verursacht wird, wurde weithin kritisiert. Das Kabinett seines Nachfolger­s Jacob Zuma beschloss 2009, alle Kinder Südafrikas auf Aids zu testen und allen Infizierte­n ART zu geben. 2011 wurden sagenhafte 11,9 Millionen Südafrikan­er getestet. Die Rechte Infizierte­r wurden offiziell proklamier­t.

Seit 2013 werden Emtricitab­in, Efavirenz und Tenofovir kombiniert gegeben. 2018 wird eine einzige Pille kommen, die eine Kombinatio­n mit Dolutegrav­ir enthält. Dieses Medikament wird gut toleriert und soll das bisher beste Resultat bringen.

Trotz der Dramatik verlasse ich den wackeren Professor mit einem guten Gefühl. Falls unser Bundespräs­ident jemandem, der sich echt um die Welt verdient macht, das Bundesverd­ienstkreuz verleihen möchte: In Südafrika arbeitet ein moderner Robert Koch ...

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Zeichnung: Chow Ming

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