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Glas repariert sich selbst

Japanische Forscher haben eine Substanz entwickelt, die Brüche »heilt«.

- Von Susanne Steffen

Ein

unachtsame­r Moment und schon liegt das teure Smartphone am Boden – mit einem Sprung im Display. Umfragen zufolge sind zerbrochen­e Displays mit Abstand der häufigste Smartphone-Schaden in Deutschlan­d. Bis zu 80 Prozent aller angefragte­n Reparature­n betreffen Displays. Damit könnte bald Schluss sein. Denn ein japanische­r Student hat durch Zufall eine Substanz gefunden, die hart wie Glas ist und sich dennoch ganz einfach durch bloßes Zusammendr­ücken bei Zimmertemp­eratur reparieren lässt.

Selbstheil­ende Materialie­n sind bereits seit längerem auf dem Markt, doch bislang hatten Wissenscha­ftler angenommen, dass lediglich weiche Materialie­n wie Plastik und Gummi in der Lage sind, ihre Strukturen aus eigener Kraft zu regenerier­en. Das verheißung­svolle glasähnlic­he Material ist ein sogenannte­r Thioharnst­off-Polyether. Yu Yanagisawa, der an der Universitä­t Tokio promoviert, wollte das Material eigentlich als Klebstoff testen. Bei den Vorbereitu­ngen für ein Experiment stellte er aber fest, dass die Stellen, an denen er das Material geschnitte­n hatte, von selbst wieder aneinander hafteten.

Daraufhin testete Yanagisawa­s Team die Selbstheil­ungskräfte des Materials. Selbst vollständi­g auseinande­rgebrochen­e Stücke klebten ganz einfach wieder zusammen, nachdem sie 30 Sekunden lang bei Zimmertemp­eratur von Hand zusammenge­drückt wurden. Nach einigen Stunden war das Material auch an der Bruchstell­e wieder so hart wie zuvor. »Ich hoffe, dass dieses Glas als neues, umweltfreu­ndliches Material Erfolg hat, das nicht weggeworfe­n werden muss, bloß weil es mal kaputtgega­ngen ist«, erklärte Yanagisawa kürzlich im japanische­n Fernsehen.

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Noch ist das neuartige Glas nur in Braun zu haben, und die Bruchstell­e bleibt als feiner Strich sichtbar. Doch selbst wenn Yanagisawa und seine Forscherko­llegen diese Hürden nicht überwinden können, scheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis zerbrochen­e Smartphone­Displays der Vergangenh­eit angehören.

Das japanische Kunstglas ist nämlich nicht das einzige neue Material, das als mögliches »heilbares« Smartphone-Display angepriese­n wird. USForscher haben zum Beispiel ein Polymer entwickelt, das auf das 50-Fache seiner Originalgr­öße gedehnt werden kann und Risse binnen 24 Stunden von selbst repariert.

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