Beurteilung zeugt von Ahnungslosigkeit
Zu »Zwischen Täter und Opfer«, 2.1., S. 3; online: dasND.de/1074786 nd-Autor Max Zeising lässt in seinem Beitrag den ehemaligen ARDKorrespondenten in der DDR, Wensierski, urteilen, dass »es nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl in der BRD als auch in der DDR keine wirkliche Aufarbeitung von Faschismus gab«.
Wenn man alleine die vielschichtige Literatur und die vielen DEFA-Filme sowie die gesellschaftlichen Debatten in der DDR dazu betrachtet, die sowohl die ökonomischen Wurzeln als auch die vielen Aspekte des Mitläufertums und der persönlichen Verantwortung in der Zeit des deutschen Faschismus behandeln, wird diese These ad absurdum geführt.
Es wäre zur vergleichenden Beurteilung auch zu fragen, wie viele Verurteilungen, und vor allem welches Strafmaß es in den Jahren der DDR für rechtsextreme Straftaten und Übergriffe im Vergleich zur Bundesrepublik gegeben hat. Carsten Schulz, Berlin Konrad Wolf wies in einem Interview darauf hin, dass es uns in der späten Phase der DDR nicht genügend gelang, den Antifaschismus an die Jugend heranzutragen. Das ist wohl wahr – so wie auch wahr ist, dass es unter den 16 Millionen DDR-Bürgern noch genügend ewig gestrige Nazis gab, die ihr nazistisches Gedankengut an ihre Enkel weitergaben. Doch wenn der vom Autor zitierte »Fachmann« Wensierski an Hand ausgewählter Ereignisse aus DDR-Zeiten die damalige SED-Politik verantwortlich macht für den Neofaschismus nach der Wende bis zur heutigen AfDEntwicklung und eine Aufarbeitung der Nazizeit in der DDR verneint, dann zeugt das von erheblicher Ahnungslosigkeit. Die DDR war meines Erachtens ungeachtet ihrer Unvollkommenheiten ein durch und durch antifaschistischer Staat, in dem Naziprominente, SS-Traditionsverbände, nicht entnazifizierte Schulbücher, Landsergeschichten, nazibelastete Traditionsnamen, Nazirichter und nazibelastete Geheimdienstmitarbeiter und Militärs keine Chance hatten. Berthold Henze, Berlin