Grüne in NRW bauen um
Die Partei sucht neuen männlichen Part für die Doppelspitze
In Nordrhein-Westfalen stehen die Grünen vor einem größeren Umbau. Der Landesvorstand soll verkleinert werden, außerdem braucht die Partei einen neuen Landesvorsitzenden. Es waren bittere Pillen, die die nordrhein-westfälischen Grünen im vergangenen Jahr zu schlucken hatten. Mit nur 6,4 Prozent schnitt die Partei so schlecht ab wie seit dem Jahr 2005 nicht mehr. Die Landtagsfraktion schrumpfte von 29 auf 14 Mitglieder. Auch bei der Bundestagswahl sah es für die Grünen an Rhein und Ruhr nicht viel besser aus, 7,4 Prozent waren kein Grund zum Feiern, aber immerhin konnte die Partei damit ihr Ergebnis auf einem ähnlichen Niveau wie 2013 halten.
Das Ergebnis der Bundestagswahl macht es auch nötig, dass die Grünen am 20. Januar einen Landesparteitag abhalten. Sven Lehmann, der die Partei seit 2014 gemeinsam mit Mona Neubauer führte, zog in den Bundestag ein und trat von sei- nem Amt als Landesvorsitzender zurück. Nun braucht es bis zum regulären Parteitag im Sommer einen männlichen Part für die Doppelspitze. Schon jetzt steht fest, der neue Mann an der Spitze der NRW-Grünen wird aus dem Ruhrgebiet kommen. Ihren Hut in den Ring geworfen haben der 27-jährige Felix Banaszak aus Duisburg und der 39-jährige Wolfgang Rettich aus Bochum.
Rettich sitzt dort im Stadtrat und ist Schatzmeister der Partei in NRW. In seinem Bewerbungsschreiben teilt er mit, dass Freunde ihn für einen »Parteisoldaten« hielten, dies aber nicht böse meinten. Grüne »Konzepte und Ideen« will er »im Praxistest« außerhalb der eigenen Blase austesten. In der Partei gilt Rettich als zuverlässig und solide. Der Mann für »große Visionen« oder »Umbrüche« soll er allerdings nicht sein.
Bei Felix Banaszak sieht das anders aus. Eine Zwischenüberschrift in seinem Bewerbungsschreiben lautet: »Was du in anderen entzünden willst, muss in dir selbst brennen.« Neben den Kernthemen der Grünen will er sich für eine Gerechtigkeits- und De- mokratiewende einsetzen. Banaszak steht für den linken Flügel der Partei, seine Wahl zum Landesvorsitzenden würde gut zum Oppositionskurs der NRW-Grünen passen. Allerdings könnte ihm seine Jugend im Weg stehen, heißt es aus Parteikreisen.
Egal, ob Rettich gewählt wird oder Banaszak, Mona Neubauer will Vorsitzende der NRW-Grünen bleiben. Für den kommenden Parteitag hat sie eine umfassende Reform des Landesvorstandes eingeleitet. Der Landesvorstand soll massiv verkleinert werden. Neben den beiden Vorsitzenden soll es weiterhin einen Politischen Geschäftsführer und einen Schatzmeis- ter geben. Allerdings soll die Zahl der 16 ehrenamtlichen Mitglieder des Landesvorstandes auf vier verringert werden. Davon verspricht sich Neubauer schnellere Entscheidungen und klarere Zuständigkeiten. Unumstritten ist der Vorschlag allerdings nicht, auch weil manche Regionen fürchten, nicht mehr repräsentiert zu werden. Die vier ehrenamtlichen Mitglieder des Landesvorstandes könnten, so Mona Neubauer gegenüber »der Rheinischen Post«, »Patenschaften« für die Themen Umweltschutz, Gerechtigkeit, offene Gesellschaft und Kohleausstieg übernehmen. Dass Neubauers Vorschlag angenommen wird, gilt als wahrscheinlich.
Wer auch immer künftig im Vorstand der NRW-Grünen sitzt, wird es allerdings schwer haben, sich gegen die Führung der Landtagsfraktion zu profilieren. Sie ist es, die in der Regel nach Statements gefragt und der auch zugehört wird. Nach der Niederlage im Mai hatte sich die Landtagsfraktion schnell neu aufgestellt, und mit Monika Düker und Arndt Klocke stehen dort zwei absolute Profis an der Spitze.
In seinem Bewerbungsschreiben teilt Wolfgang Rettich mit, dass Freunde ihn für einen »Parteisoldaten« hielten, dies aber nicht böse meinten.