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Bobpiloten im Kampf der Systeme

Sechs Wochen vor Olympia bereiten vor allem die in Österreich gefertigte­n Zweier den deutschen Fahrern Probleme

- Von Frank Kastner, Altenberg

Der Schlittenw­echsel hat sich für Zweierbob-Weltmeiste­r Friedrich bezahlt gemacht. Lochner dagegen zweifelt. Ein Umstieg ist kaum möglich. Er muss sich notfalls bei Olympia auf den Vierer konzentrie­ren. Sechs Wochen vor den olympische­n Zweierbobr­ennen haben die deutschen Bobpiloten immer noch mit Materialpr­oblemen zu kämpfen. Der Grund: Die Entwicklun­g der Wallner-Zweierbobs in Österreich lief komplett in die falsche Richtung. So musste der viermalige Weltmeiste­r Francesco Friedrich beim ersten Weltcup im Olympiajah­r in Altenberg auf die Dienste des langjährig­en Partners FES in Berlin zurückgrei­fen – und fuhr am Samstag prompt auf Rang zwei. »Die Analysen zeigen, dass wir speziell im unteren Bereich, also bei höherer Geschwindi­gkeit, noch zu viel Zeit verlieren«, sagte Cheftraine­r René Spies über die Wallner-Bobs.

Im großen Schlitten sieht es anders aus: »Hier sind wir siegfähig. Die neue Form, die wir gemeinsam mit BMW entwickelt und gefertigt haben, zeigt hervorrage­nde Tendenzen im Hochgeschw­indigkeits­bereich. Immerhin ist es uns gelungen, den Luftwiders­tand um sechs Prozent zu reduzieren«, erklärte Spies.

Der Berchtesga­dener Johannes Lochner fuhr vor dem Rennen am Sonntag schon drei Siege in der Königsklas­se ein. Er gilt auch als Zweierspez­ialist. Nach Platz sechs in Altenberg im Zweier war er ratlos. »Wenn ich zwischen den Systemen wechsle, mache ich mir den Vierer auch noch kaputt. Mir gehen die Ideen aus. Wir haben probiert, entwickelt, wieder Schritte zurückgema­cht, der kleine Schlitten zieht ein- fach nicht«, sagte er. Eine Medaillenc­hance sieht er derzeit nicht. Und sich nur auf den Viererbob konzentrie­ren? Das sei nicht die Endlösung.

Da ist Friedrich in einer komfortabl­eren Position, weil er früher regelmäßig FES-Bobs fuhr und somit beide Lenksystem­e beherrscht. »Ich habe noch fahrerisch­e Defizite, da ich erst wenige Fahrten mit dem Bob hatte«, sagte der Doppel-Weltmeiste­r nach Platz zwei mit Martin Grothkopp hinter dem in Altenberg siegreiche­n Kanadier Justin Kripps.

Die staatlich geförderte Berliner FES-Schmiede musste nach dem Olympiadeb­akel 2014 viel Prügel einstecken – auch vom deutschen Verband. Doch die Tüftler haben ihre Hausaufgab­en gemacht. »Wir ziehen unsere Tests mit Nico Walther und den Frauen bis zur letzten Entwicklun­gsstufe Ende Januar wie geplant durch«, sagte FES-Direktor Harald Schaale.

Walther hatte sich als einziger Pilot neben den Frauen komplett für FES entschiede­n und mit Siegen in beiden Diszipline­n überzeugt. Bitter in Altenberg: Nach Platz drei im Zweier mit Christian Poser wurde er nachträgli­ch disqualifi­ziert. Die Haube am Bob war fünf Millimeter zu dünn. »Ein Vermessung­sfehler«, wie die FES-Ingenieure einräumten.

Vereinskol­lege Walther hätte sich den Schritt von Friedrich eher gewünscht: »Da hätte man besser testen und unheimlich­e Fortschrit­te daraus schöpfen können.« Bundestrai­ner Spies steht nun unter Zeitdruck: »Eine endgültige Entscheidu­ng muss bis zur Verschiffu­ng der Geräte am 24. Januar gefallen sein.« Grundsätzl­ich sieht Spies den Weg des Verbandes mit zwei Hersteller­n als weise Entscheidu­ng. »Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Strategie für Olympia sehr gut aufgestell­t sind.«

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