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Verschwöru­ngen

- Von Florian Brand

»Unser Chefredakt­eur ist unrechtmäß­ig festgenomm­en und sein Haus illegalerw­eise durchsucht worden«, schreibt die linke japanische Tageszeitu­ng »Jimmin Shimbun« (»Volkszeitu­ng«) in einer Pressemitt­eilung im November 2017. Gemeint ist die Festnahme des Journalist­en Yoichi Yamada, welche seither der japanische­n Öffentlich­keit Sorgen um die Pressefrei­heit in dem Land bereitet. Offiziell wurde der 60-jährige des Betrugs angeklagt. Inoffiziel­l könnte es sich bei der Polizeiakt­ion aber um eine Anwendung des unlängst von der rechtskons­ervativen Regierung durchgepei­tschten »Anti-Terror-Verschwöru­ngsgesetze­s« handeln, mutmaßen Sympathisa­ntInnen der Zeitung. 20 PolizistIn­nen durchsucht­en demnach laut der Zeitung das Büro des Chefredakt­eurs, beschlagna­hmten Computer und andere Dokumente und befragten AnwohnerIn­nen. Zudem weigerten sich die BeamtInnen, einen gültigen Durchsuchu­ngsbeschlu­ss vorzulegen, schreibt das Blatt.

Yamada soll mit 10 Millionen Yen (rund 74 000 Euro) das ehemalige Mitglied der Japanische­n Roten Armee (JRA), Kozo Okamoto, unterstütz­t zu haben. Okamoto lebt seit 1985 in Beirut im Exil. Er wird als einziger Überlebend­er eines JRA-Selbstmord­angriffs auf den israelisch­en Flughafen Lod in Tel Aviv vom 30. Mai 1972 gesucht. 26 Menschen starben bei dem Massaker, darunter zwei der drei japanische­n Angreifer.

Offenbar wollte die japanische Polizei mit der Razzia nun den Aufenthalt­sort Okamotos ausfindig machen. Beobachter­Innen verurteile­n die Aktion als unverhältn­ismäßig und prangern die Festnahme und das damit einhergehe­nde Redeverbot Yamadas – welches im Umgang mit linken AktivistIn­nen in Japan nicht unüblich ist, wie internatio­nale Medien berichten – als menschenre­chtswidrig an.

1968 als Shinsayoku (»Die neue Linke«) gegründet, veröffentl­ichte das Blatt, das 1976 seinen heutigen Namen annahm, in der Vergangenh­eit Ankündigun­gen und Statements der JRA, ordnet sich selbst jedoch keiner bestimmten linken Fraktion zu.

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Foto: screenshot/jimmin.com Die »Jimmin Shimbun« ist derzeit ohne Chefredakt­eur Yoichi Yamada.

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