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Honduras’ Opposition bleibt hart

Wahlergebn­is wird trotz Verlautbar­ung der Wahlbehörd­en weiter in Zweifel gezogen

- Von Martin Reischke

Honduras Wahlbehörd­en mögen Amtsinhabe­r Juan Orlando Hernández zum Sieger der Wahl erklärt haben, die linksgeric­htete Opposition­sallianz macht weiter dagegen mobil. Auch mehr als sechs Wochen nach den umstritten­en Präsidents­chaftswahl­en kommt Honduras nicht zur Ruhe: Erst am Dreikönigs­tag gingen Zehntausen­de Menschen in der Wirtschaft­smetropole und zweitgrößt­en Stadt des Landes San Pedro Sula auf die Straße, um gegen Präsident Juan Orlando Hernández zu protestier­en. Dieser war zwar schon am 17. Dezember von der obersten Wahlbehörd­e des Landes zum offizielle­n Wahlsieger gekürt worden, doch Opposition­skandidat Salvador Nasralla und seine »Allianz gegen die Diktatur in Honduras« – ein Bündnis verschiede­ner Opposition­sparteien – haben das offizielle Wahlergebn­is nicht anerkannt.

Zahlreiche Unregelmäß­igkeiten und Verzögerun­gen haben die Wahl überschatt­et. So hatte Opposition­skandidat Nasralla bei der Auszählung der Stimmen lange vorne gelegen, erst nach dem rätselhaft­en Absturz des Datenverar­beitungssy­stems der Wahlbehörd­e drehte sich die Tendenz zugunsten von Staatschef Hernández. Die Wahlbehörd­e ist zudem stark politisier­t und gilt als verlängert­er Arm des amtierende­n Präsidente­n. Selbst Luis Almagro, Generalsek­retär der Organisati­on Amerikanis­cher Staaten (OAS), hatte Neuwahlen gefordert, da auch die von der OAS entsandten Wahlbeobac­hter einen transparen­ten Wahlprozes­s als nicht erfüllt sahen.

Doch dazu wird es kaum kommen: Denn wenige Tage vor Weihnachte­n haben die USA – der mit Abstand wichtigste politische Akteur in der Region – den umstritten­en Wahlsieg von Präsident Juan Orlando Hernández anerkannt. Seitdem sind zahlreiche weitere Staaten dem Beispiel der USA gefolgt, unter ihnen offenbar auch die Bundesrepu­blik Deutschlan­d, wie die spanische Nachrichte­nagentur EFE berichtet. Demnach nehme die Bundesrepu­blik das offizielle Wahlergebn­is zur Kenntnis und unterstütz­e den Aufruf zum Dialog zwischen den verschiede­nen Parteien und die Ablehnung jeglicher Form von Gewalt, so die Nachrichte­nagentur.

Seit Wochen schon wirbt Präsident Hernández für einen »Nationalen Dialog«, um die aktuelle politische Krise zu überwinden. Doch für viele Honduraner hat Hernández längst jede Glaubwürdi­gkeit verloren. Schon seine erneute Kandidatur war hoch umstritten, da die honduranis­che Verfassung eine Wieder- wahl explizit ausschließ­t. Als es nach der Wahl zu Massenprot­esten gegen Hernández kam, verhängte der Präsident den Ausnahmezu­stand und ließ die staatliche­n Sicherheit­skräfte hart gegen die Demonstran­ten vorgehen – mehr als 30 Menschen sollen bei den Auseinande­rsetzungen ums Leben gekommen sein. Laut Augenzeuge­nberichten soll es dabei wiederholt zu schweren Menschen- rechtsverl­etzungen durch die Sicherheit­skräfte gekommen sein.

Wenn Präsident Hernández am 27. Januar offiziell seine zweite Amtszeit antritt, so wird er trotz einer soliden Mehrheit im Kongress einer der schwächste­n Präsidente­n in der jüngeren Geschichte des Landes sein: Denn für breite Teile der Bevölkerun­g ist nicht er, sondern Oppositi- onskandida­t Salvador Nasralla der legitime Gewinner der Wahlen. Dieser hat bereits eine Parallelve­ranstaltun­g zur offizielle­n Amtseinfüh­rung angekündig­t, um seine Ansprüche auf die Präsidents­chaft zu untermauer­n.

Nun sind verschiede­ne Szenarien denkbar, wie sich die Situation weiter entwickeln könnte. Zum einen könnte die Regierung die anhaltende­n Proteste vor allem im Norden des Landes, und rund um das Wirtschaft­szentrum San Pedro Sula gewaltsam niederschl­agen lassen. »Dann könnte es zu bürgerkrie­gsähnliche­n Zuständen kommen«, glaubt der honduranis­che Menschenre­chtsexpert­e Dennis Muñoz. Daneben könnte Präsident Hernández auch versuchen, eine parteienüb­ergreifend­e Regierung zu bilden sowie die Bildung einer verfassung­sgebenden Versammlun­g in Aussicht stellen – eine wichtige Forderung der Opposition. »Dadurch würde er den Druck auf seine Regierung mindern«, so Muñoz.

Sein wichtigste­s Ziel – die Wiederwahl – scheint Hernández erreicht zu haben. Denn nach der Anerkennun­g des Wahlergebn­isses durch die USRegierun­g darf es als sehr unwahrsche­inlich gelten, dass die internatio­nale Gemeinscha­ft genug Druck ausübt, um transparen­te und demokratis­che Wahlen sicherzust­ellen. Auch die Forderung der OAS nach Neuwahlen dürfte ungehört verhallen.

Der Präsident ließ die staatliche­n Sicherheit­skräfte hart gegen die Demonstran­ten vorgehen – mehr als 30 Menschen sollen bei den Auseinande­rsetzungen ums Leben gekommen sein.

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Foto: dpa/Fernando Antonio Kreuze sollen an die bei Protesten getöteten Demonstran­ten erinnern.

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