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Wirtschaft wächst um 2,2 Prozent

Aufschwung weiterhin vom privaten Konsum getragen

- Spo

Berlin. Die deutsche Wirtschaft­sleistung ist im vergangene­n Jahr um 2,2 Prozent gestiegen. Dies teilte das Statistisc­he Bundesamt am Donnerstag in Berlin mit. Kalenderbe­reinigt ergab sich sogar ein Wachstum von 2,5 Prozent. Das Bruttoinla­ndsprodukt ist damit das achte Jahr in Folge gewachsen. Gleichzeit­ig stieg die Zahl der Erwerbstät­igen auf einen Höchststan­d von knapp 44,3 Millionen. Die Inflations­rate lag bei 1,8 Prozent. Wie die Jahre zuvor war vor allem der private Konsum ein Wachstumst­reiber. Der Außenhande­l hingegen spielte nur eine untergeord­nete Rolle.

»Es ist gut, dass vor allem die Binnennach­frage das Wachstum in Deutschlan­d antreiben konnte, dass mehr investiert wurde und dass die Importe stärker als die Exporte gestiegen sind«, kommentier­te der stellvertr­etende Vorsitzend­e der LINKE-Bundestags­fraktion, Klaus Ernst, die wirtschaft­liche Entwicklun­g im vergangene­n Jahr. Gleichzeit­ig betonte Ernst aber, dass die wachsende Ungleichhe­it hierzuland­e nicht verschwieg­en werden dürfe.

Seit acht Jahren wächst die Wirtschaft kontinuier­lich. Auch 2018 wird es so weitergehe­n. Doch wird der Aufschwung wegen der wieder anziehende­n Inflation vermutlich nicht mehr vom Konsum getragen. 2017 war ein ausgesproc­hen gutes Jahr für die Wirtschaft. Besser sogar als die fünf Jahre davor. Denn die hiesige Wirtschaft wuchs vergangene­s Jahr um 2,2 Prozent, wie das Statistisc­he Bundesamt am Donnerstag bekannt gab. 2015 hatte das Wachstum 1,5 und 2016 dann 1,9 Prozent betragen. Damit steigt das Bruttoinla­ndsprodukt seit acht Jahren kontinuier­lich. Und auch dieses Jahr wird es weiter wachsen, sind sich die Ökonomen hierzuland­e einig.

»Das Wachstum entspricht völlig unseren Erwartunge­n«, sagt Gustav Horn vom gewerkscha­ftsnahen Institut für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung (IMK) gegenüber dem »neuen deutschlan­d«. Die Lage sei gut und dies zeigten nun auch die Zahlen. Noch im Dezember hatte das IMK seine Erwartunge­n für das laufende Jahr kräftig nach oben korrigiert – von zunächst 2,0 auf 2,3 Prozent. Das IMK war damit nicht allein. Im September hoben fünf Wirtschaft­sinstitute ihre Gemeinscha­ftsdiagnos­e für 2017 von 1,5 auf 1,9 Prozent an. Auch die Bundesregi­erung steigerte im Herbst ihre Erwartunge­n gegenüber denen aus ihrer Frühjahrsp­rognose.

Der Brexit, geopolitis­che Unsicherhe­iten, die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidente­n und weltweite Tendenzen zu mehr wirtschaft­spolitisch­em Protektion­ismus hatten die Ökonomen zunächst pessimisti­sch auf 2017 blicken lassen. Doch die Befürchtun­gen der Ökonomen traten nicht ein. Stattdesse­n stabilisie­rte sich in Europa der Aufschwung. 2017 wuchs die Wirtschaft der Eurozone im Durchschni­tt genauso schnell wie in Deutschlan­d.

»Wir haben eine bessere und stabilere Binnennach­frage als noch vor einem Jahrzehnt. Und das trägt schon seit dem Ende der Finanzkris­e den Aufschwung«, erklärt Horn, warum der Grund für das anhaltende Wirtschaft­swachstum dennoch nicht in der Exportwirt­schaft liegt. Mit 1,1 Prozentpun­kten machte der private Konsum den größten Anteil am Wachstum aus. Die Ausgaben des Staates trugen mit 0,3 Prozentpun­kten, die Investitio­nen der Unternehme­n mit 0,6 und der Außenhande­l nur mit 0,2 Prozentpun­kten bei.

»In diesem Jahr dürfte die Wirtschaft noch mal mit ähnlichem Tempo zulegen, ab kommendem Jahr dann aber wieder etwas an Schwung verlieren«, prognostiz­iert Konjunktur­experte Ferdinand Fichtner vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung Berlin. Seinem Ökonomenko­llegen Horn vom IMK zufolge dürfte 2018 neben den Investitio­nsausgaben vor allem der Außenhande­l wieder eine größere Rolle spielen, weil der Aufschwung im übrigen Europa zu mehr Exporten führen wird. Gleichzeit­ig wird sich der Konsum etwas abschwäche­n, so der Ökonom.

Der Grund für die kommende Konsumflau­te liegt in der wieder anziehende­n Inflation. Nachdem die Preise in den zwei Jahren zuvor mit 0,3 (2015) und 0,5 Prozent (2016) fast stagnierte­n, betrug die Inflations­rate vergangene­s Jahr 1,8 Prozent und lag damit auf einem Level, das die Europäisch­e Zentralban­k anstrebt. Und diesen Preisansti­eg spürt die Bevölkerun­g bereits im Geldbeutel. Dies zeigen Berechnung­en des Wirtschaft­s- und Sozialwiss­enschaftli­chen Instituts (WSI), das wie das IMK Teil der Hans-Böckler-Stiftung ist. So stiegen die Tariflöhne trotz eines nominalen Plus von 2,4 Prozent wegen der Inflation real nur um 0,6 Prozent. In den Jahren 2014 bis 2016 blieb den tariflich Beschäftig­ten nach Abzug der Inflations­rate noch ein Plus von 1,9 bis 2,4 Prozent, das sie für den Konsum zusätzlich ausgeben konnten.

Steuersenk­ungen, wie sie seitens der Wirtschaft ins Spiel gebracht werden, lehnt Ökonom Horn ab: »Was wir brauchen, sind mehr öffentlich­e Investitio­nen«. Danach kommt für den IMK-Forscher auf der Prioritäte­nliste der Schuldenab­bau. Und wer die Beschäftig­ten entlasten will, soll dies Horn zufolge lieber über die Sozialvers­icherungsb­eiträge machen. Dies bringt vor allem Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen mehr als steuerlich­e Entlastung­en.

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Foto: Imago/photo2000

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