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Das Gemüse, das aus der Kälte kommt

In der Antarktis bauen Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ein Gewächshau­s auf

- Von Irena Güttel, Bremen

Schnee, so weit das Auge reicht. Frisches Grün sucht man in der Antarktis vergeblich. Das soll ein neuartiges Gewächshau­s ändern. Dort sollen bald Salat und Gemüse sprießen. Frischer Salat, Gurken, Radieschen und Erdbeeren – das soll in Kürze in der weißen Einöde der Antarktis wachsen. Möglich machen wollen das Experten vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dafür haben sie ein Gewächshau­s entwickelt, in dem Gemüse und Kräuter ohne Erde und Tageslicht gedeihen. Vor wenigen Tagen sind die zwei Container, in dem die Hightech für die Gemüsezuch­t untergebra­cht ist, in der Antarktis angekommen. Jetzt sind die Wissenscha­ftler erst mal mit dem Aufbau beschäftig­t.

Voraussich­tlich Anfang Februar werden Projektlei­ter Daniel Schubert und sein Team die ersten Pflanzen aussäen können. »Regale müssen eingericht­et, Pumpen für die Nährlösung installier­t und SpezialLED­s für die optimale Beleuchtun­g kalibriert werden«, sagte Schubert. In den Containern wachsen die Pflanzen komplett unter künstliche­m Licht. Alle paar Minuten werden die Wurzeln computerge­steuert mit einer Nährstoffl­ösung besprüht. »Die Pflanzen können die Nährstoffe dadurch besonders gut aufnehmen«, erläuterte Schubert.

Auch die Luft im Gewächshau­s soll das Gedeihen der Pflanzen fördern. Sie hat einen höheren Kohlendiox­id-Gehalt. Filter halten Keime und Pilzspuren ab, eine spezielle Anlage sterilisie­rt die Luft mit UVStrahlun­g. Pestizide sind deshalb nicht nötig. Das Gewächshau­s verfügt über einen geschlosse­nen Kreislauf, in dem Luft und Wasser immer wieder recycelt werden. Die Energie kommt von der 400 Meter entfernten Forschungs­station Neumayer III.

Ein südafrikan­isches Forschungs­schiff hatte die beiden Container vergangene Woche am EkströmSch­elfeis abgeliefer­t. Ein Kran setzte diese auf große Schlitten. Schubert und sein Team zogen diese dann mit Pistenbull­ys von der Schelfeisk­ante etwa 20 Kilometer zur Neumayer-Station.

Schubert und zwei seiner DLRKollege­n werden die Antarktis im Februar mit einem der letzten Flugzeuge verlassen, bevor dort der Winter ausbricht und die Station nicht mehr erreichbar ist. Dort überwinter­n wird der Raumfahrti­ngeni-

Paul Zabel, Raumfahrti­ngenieur eur Paul Zabel. Mit Pflanzenzu­cht hatte er bisher nicht so viel zu tun. »Bei einem Crashkurs in den Niederland­en habe ich mich zwei Wochen intensiv im Gemüseanba­u trainieren lassen, damit ich erkennen kann, wie es den Pflanzen geht«, sagte er kurz vor seinem Aufbruch in die Antarktis.

Wenn alles gut läuft, könnte Zabel Ende März erstmals Salat und Radieschen ernten. Das zehnköpfig­e Team, das auf der Polarstati­on überwinter­t, freut sich schon auf das frische Grünzeug. Ab Ende Februar werden keine Lebensmitt­ellieferun­gen die Station mehr erreichen können. »Wir sind interessie­rt, ob sich ein positiver psychologi­scher Effekt mit der frischen Kost erzielen lässt«, sagte Bernhard Gropp vom AlfredWege­ner-Institut in Bremerhave­n, der ab Februar die Polarstati­on leitet.

Bis Ende Dezember soll das Gewächshau­s in der Antarktis bleiben. In der Zeit will das DLR erforschen, wie groß der Ertrag ist und wie viel Energie das Gewächshau­s braucht. Das Forschungs­projekt »Eden-ISS« gilt als Testlauf für bemannte Missionen auf Mond und Mars, wo Ressourcen nicht so einfach zur Verfügung stehen wie auf der Erde. Auch in Wüsten oder in weiteren extrem kalten Regionen könnte das neuartige Gewächshau­s künftig zum Einsatz kommen.

»Bei einem Crashkurs in den Niederland­en habe ich mich zwei Wochen intensiv im Gemüseanba­u trainieren lassen, damit ich erkennen kann, wie es den Pflanzen geht.«

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Fotos: dpa/DLR Das neuartige Gewächshau­s für die Antarktis wurde von einem südafrikan­ischen Forschungs­schiff angeliefer­t.
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Per Schlitten wurde das Gewächshau­s an seinen Zielort gezogen.
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Von den DLR-Experten wird nur einer in der Arktis überwinter­n.

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