Prag: Stichwahl um die Präsidentschaft
Erste Runde für Amtsinhaber Zeman
Prag. Amtsinhaber Milos Zeman hat die erste Runde der Präsidentenwahl in Tschechien klar gewonnen. Der 73-Jährige muss sich aber in zwei Wochen in einer Stichwahl gegen den parteilosen Chemieprofessor Jiri Drahos durchsetzen. Zeman, der sich als Zuwanderungsgegner und Freund Russlands positioniert, kam nach Auszählung praktisch aller Wahlzettel auf 38,6 Prozent der Stimmen. Der 68 Jahre alte Drahos erreichte 26,6 Prozent, gefolgt von dem früheren Botschafter in Frankreich, Pavel Fischer, mit 10,2 Prozent. Das teilte die Statistikbehörde am Samstag mit. Die übrigen sechs Kandidaten erzielten lediglich einstellige Ergebnisse. Die Beteiligung der knapp 8,4 Millionen Wahlberechtigten lag mit 61,9 Prozent ähnlich hoch wie bei der ersten Direktwahl eines tschechischen Staatsoberhaupts vor fünf Jahren. Zeman rief seine Anhänger am Wochenende zur Teilnahme an der Stichwahl am 26. und 27. Januar auf. Denn »mit der zweiten Runde fängt alles bei Null an«. Umfragen sagen dann ein ausgeglichenes Rennen voraus.
»Ich denke erst und rede dann.« Schon damit dürfte der parteilose Chemieprofessor Jiri Drahos ein Alleinstellungsmerkmal im finalen Duell um den Präsidentenstuhl auf der Prager Burg haben. Zwar spielt Amtsinhaber Milos Zeman nicht ganz in der Trump-Liga, aber auch der 73-Jährige sorgte mit verbalen Entgleisungen immer wieder für Schlagzeilen. Doch das scheint vielen in Böhmen und Mähren zu gefallen. Der ehemalige Regierungschef hat zwar vor allem protokollarische Aufgaben, aber er gibt sich volksnah und trifft etwa mit seiner einwanderungsfeindlichen Haltung offensichtlich einen Nerv im Nachbarland.
Ob all das auch bei der Stichwahl gegen den akademischen Quereinsteiger in knapp zwei Wochen reicht, ist nach Aussage der Demoskopen keineswegs sicher. Beobachter in Prag sprechen von einem offenen Rennen. Einer dürfte es mit besonderer Aufmerksamkeit beobachten: Ministerpräsident Andrej Babis, der es in Sachen Populismus durchaus mit dem Präsidenten aufnehmen kann. Der hatte den milliardenschwere Unternehmer und Gründer der Bewegung ANO trotz aller Betrugsvorwürfe und -ermittlungen mit der Regierungsbildung beauftragt und stützt das fragile Minderheitskabinett seitdem. So könnten die Bürger in der präsidialen Stichwahl auch über das politische Schicksal von Babis entscheiden.