nd.DerTag

GroKo auf italienisc­h?

Wer kann eigentlich mit wem (nicht) – ein Abriss der italienisc­hen Parteienla­ndschaft vor der Wahl am 4. März

- Von Anna Maldini, Rom

Nur in einem sind sich die Prognosen für die Parlaments­wahlen in Italien am 4. März einig: Eine Regierungs­bildung wird schwer werden.

Aufgrund des neuen Wahlgesetz­es, das erst Ende Oktober 2017 verabschie­det wurde, müsste eine Partei oder Wahlverein­igung 40 Prozent der Stimmen erhalten, um allein regieren zu können. Und heute sieht es so aus, als würde das niemand schaffen. Tatsächlic­h treten drei große Lager gegeneinan­der an: Die Fünf-Sterne-Bewegung mit Spitzenkan­didat Luigi di Maio, der mit seinen 31 Jahren im Fall eines Sieges der jüngste Regierungs­chef in Europa wäre. Heute sehen die Prognosen die Bewegung bei knapp 30 Prozent. Das rechte Lager, das sich aus vier »Säulen« zusammense­tzt: »Forza Italia« mit Silvio Berlusconi; die rechtspopu­listische »Lega« (die das traditione­lle Wort »Nord« aus ihrem Namen gestrichen hat, um auch im Süden des Landes auf Stimmenfan­g gehen zu können); die ultrarecht­e »Fratelli d‘Italia«, in der auch postbzw. neofaschis­tische Personen Platz haben; und dann eine noch recht nebulöse »Vierte Kraft«, die sich aus konservati­ven oder rechtslibe­ralen Strömungen zusammense­tzt. Die Prognosen sehen die in sich ziemlich zerstritte­ne Rechte heute bei 36 Prozent. Das dritte Lager, das Italien regieren möchte, ist jenes rund um die sozialdemo­kratische »Partito Democratic­o« (Demokratis­che Partei), die im letzten Parlament eine knappe Mehrheit hatte, aber heute bei höchstens 25 Prozent gehandelt wird. Mit ihr haben sich die liberale »Radicali Italiani« (Italienisc­he Radikale) und einige Zentrumsgr­uppen zu einer Wahlverein­igung verbunden. Ihr Spitzenkan­didat wird wohl Matteo Renzi sein, obwohl einige Umfragen sagen, dass der derzeitige Ministerpr­äsident Paolo Gentiloni mehr Anklang bei den Wählern finden könnte. Insgesamt liegt der sozialdemo­kratische Wahlverbun­d bei etwa 27 Prozent.

Neben den drei Großen gibt es außer den klar (neo)faschistis­chen Gruppen noch einige linke Kräfte. Da ist auf der einen Seite »Rifondazio­ne Comunista« (Kommunisti­sche Neu- gründung), die sich mit anderen antikapita­listischen Kräften verbündet hat und in den Umfragen weniger als drei Prozent erhält und es so wieder nicht ins Parlament schaffen dürfte.

Anders sieht es für die neugegründ­ete »Liberi e Uguali« (Frei und Gleich) aus. Diese Partei, die erst im letzten Dezember das Licht der Welt erblickte, setzt sich im Wesentlich­en aus Personen und Kräften zusammen, die im Laufe der letzten Legislatur­periode der Demokratis­chen Partei den Rücken zugekehrt haben. Darunter sind der ehemalige Ministerpr­äsident Massimo D’Alema und Pierluigi Bersani, der bis zum rasanten Aufstieg von Matteo Renzi demokratis­cher Parteivors­itzender war. Beide kommen aus der kommunisti­schen Bewegung. Anders sieht es bei Piero Grasso und Laura Boldrini aus. Der ehemalige Oberstaats­anwalt war in der letzten Legislatur­periode Senatspräs­ident und kommt aus der AntiMafia-Bewegung. Er ist jetzt Spitzenkan­didat der neuen Partei. Frau Boldrini hingegen war Kammerpräs­identin und bis 2012 Sprecherin der Flüchtling­sorganisat­ion der Vereinten Nationen UNHCR. Heute werden der Partei zwischen sieben und zehn Prozentpun­kte zugerechne­t.

Sollten diese Prognosen sich am 4. März bewahrheit­en, gestaltet sich eine Regierungs­bildung tatsächlic­h schwierig. Die Fünf-Sterne-Bewegung schließt von vorne herein jede Koalition aus, könnte sich aber »punktuelle Zusammenar­beit« mit anderen vor- stellen – und hier kämen sowohl die rechtspopu­listische »Lega« wie auch die linke »Liberi e Uguali« in Frage, was einmal mehr den chamäleonh­aften Charakter der »Grillini« (nach dem Gründer der Bewegung, dem Kabarettis­ten Beppe Grillo) beweist.

»Liberi e Uguali« sähe eine Koalition mit den Fünf Sternen unter Umständen im Bereich des Möglichen, nicht aber ein Zusammenge­hen mit der sozialdemo­kratischen PD – außer vielleicht auf regionaler Ebene. Für die Rechte sind die »Grillini« das absolut rote Tuch und auch die Sozialdemo­kraten schließen ein Zusammenge­hen mit ihnen aus. Was bliebe, wäre eine Art GroKo, also ein Bündnis zwischen der Rechten und der PD. Aber erst einmal muss gewählt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany