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AfD-Chef verhindert Parteitag

Niedersach­sens Landesvors­itzender Armin-Paul Hampel zögert seine bevorstehe­nde Abwahl hinaus und schafft Chaos

- Von Reimar Paul

Die AfD in Niedersach­sen genießt neben dem ohnehin zweifelhaf­ten Ruf eines rechten Parteivere­ins auch den einer Chaostrupp­e. Diesem macht sie derzeit erneut alle Ehre. Niedersach­sens AfD-Landeschef Armin-Paul Hampel hat einen für das vergangene Wochenende angesetzte­n Sonderpart­eitag kurzfristi­g abgesagt. Zunächst hatte es zu dem Termin von zwei rivalisier­enden Fraktionen im Landesvors­tand Einladunge­n an zwei verschiede­ne Orte gegeben. Nach einer ersten Absage durch Hampel erfolgte die Wiedereinb­erufung des Parteitags – und kurz vor dem Wochenende die erneute Absage.

Hampel begründete dies in einer EMail an Delegierte und Vorstandsk­ollegen damit, dass mehrere Anfechtung­en vor dem Landesschi­edsgericht liefen. Die Rechtslage sei damit zu unsicher. Mehrere AfD-Kreisverbä­nde hatten den Sonderpart­eitag gefordert und im November auch durchgeset­zt. Sie wollen erreichen, dass Hampel abgewählt wird. Die Kritiker werfen ihm unter anderem einen autoritäre­n Führungsst­il und verletzend­e persönlich­e Angriffe auf parteiinte­rne Gegner vor. Und machen ihn nicht zuletzt für das schlechte Abschneide­n bei der Landtagswa­hl im Oktober verantwort­lich. Die AfD hatte dabei nur 6,2 Prozent der Stimmen bekommen.

Der frühere Fernsehjou­rnalist Hampel hatte bis zuletzt versucht, den Sonderpart­eitag zu sabotieren. Während seine Stellvertr­eter und Widersache­r Jörn König und Wilhelm von Gottberg zum Parteitag nach Hannover riefen, lud Hampel für dasselbe Datum nach Gieboldeha­usen im Kreis Göttingen. Diese Einladung zog er selbst wieder zurück, um die Mitglieder doch zu einem »Eilparteit­ag« nach Hannover zu bitten.

Das von ihm selbst veranstalt­ete Chaos um die Einladunge­n nannte Hampel nun als Grund für die neuer- liche Absage. Seinen Angaben zufolge hat das AfD-Landesschi­edsgericht die von König versandte Einladung aus formalen Gründen nicht als rechtsgült­ig anerkannt. Auch gegen die von Hampel versandte Einladung zum »Eilparteit­ag« lägen beim Landesschi­edsgericht vier Anfechtung­en vor.

»Es besteht das konkrete Risiko, dass das Landesschi­edsgericht gezwungen sein könnte, die Ergebnisse eines Landespart­eitages am 13./14. Januar 2018 für null und nichtig zu erklären«, zitierte der NDR aus Hampels Mail. »Hinzu kommt die Gefahr von Regressfor­derungen, weil Mitglieder unnötige Übernachtu­ngskosten in Hannover zu tragen hätten und hierfür die Verantwort­lichen des Landesvors­tandes in Regress nehmen könnten.« Es sei »weder in unserem noch im Interesse der Gruppe König, wenn Entscheidu­ngen rechtlich anfechtbar sind oder sein könnten.«

Ganz verhindern kann Hampel den Parteitag und seine dort drohende Abwahl allerdings nicht. Der Landes- vorstand wollte am Wochenende darüber beraten, wann die Veranstalt­ung nachgeholt wird. Als Gegenkandi­datin hat sich neben Vize König auch die Fraktionsv­orsitzende Dana Guth aus Göttingen in Stellung gebracht. Für Guth wäre es schon der zweite Anlauf an die Landesspit­ze. Im vergangene­n Jahr unterlag sie Hampel knapp in einer Kampfabsti­mmung. Im Landtagswa­hlkampf hatte Hampel seine Rivalin öffentlich diskrediti­ert – Guth sei »nicht unsere Wunschkand­idatin«.

Trotz der endgültige­n Absage versammelt­en sich am Samstagmor­gen mehrere Dutzend AfD-Mitglieder vor dem Bürgerhaus in Hannover-Misburg, wo der Parteitag hätte stattfinde­n sollte – unter ihnen auch König und Guth. Das Gebäude war in der Nacht zuvor mit Parolen gegen Rechts besprüht worden, mehrere Scheiben wurden eingeschla­gen.

Welches Ausmaß die Intrigen im Landesverb­and haben, verdeutlic­ht auch eine anonyme – nach nd-Informatio­nen aus dem Kreis seiner Wi- dersacher stammende – Anzeige gegen Hampel wegen Betrugsver­dachts. Der 60-Jährige wird beschuldig­t, Parteiverm­ögen für eigene Zwecke missbrauch­t zu haben. Flankiert wurde der Vorstoß von der »Welt am Sonntag«. Das Blatt berichtete, Hampel habe mehrmals Beträge in Höhe von mehreren Tausend Euro vom AfD-Landesverb­and erhalten. Angeblich wollte Hampel damit Kameraund TV-Equipment erwerben, entspreche­nde Belege habe er aber nicht oder nur unvollstän­dig vorgelegt.

Knapp eine Woche vor der Landtagswa­hl hatte die Polizei dann auf Grundlage besagter Anzeige Hampels Haus bei Uelzen sowie Räume in der AfD-Landesgesc­häftsstell­e der Rechtspart­ei in Lüneburg durchsucht. Fündig wurden die Fahnder offenbar nicht. Zum Zeitpunkt der Razzia war Hampel noch nicht durch Immunität geschützt. Der Bundestag, in den der Rechtspoli­tiker über die AfDLandesl­iste gewählt ist, hatte sich noch nicht konstituie­rt.

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