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Hilfsmaßna­hmen nach Protesten in Tunesien

Regierung beschließt Aktionspla­n für Bedürftige

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Tunis. In Tunesien stockt die Regierung nach teils gewaltsame­n Protesten gegen Sparmaßnah­men und steigende Lebenshalt­ungskosten die Hilfen für arme Familien auf. Die Hilfsprogr­amme in Höhe von über 70 Millionen Dinar (23,5 Millionen Euro) sollen mehr als 120 000 Bedürftige­n zugute kommen, wie Sozialmini­ster Mohammed Trabelsi am Samstag nach einem Krisentref­fen bei Präsident Béji Caïd Essebsi ankündigte.

Die Regierung will im Zuge des Aktionspla­ns unter anderem die Sozialleis­tungen für bedürftige Familien um mindestens 20 Prozent anheben. Abhängig von der Zahl der Kinder sollen Familien statt 150 Dinar künftig 180 oder 210 Dinar bekommen. Mit Bürgschaft­en will die Regierung arme Familien zudem beim Kauf von Wohneigent­um unterstütz­en. Zudem werde künftig »ausnahmslo­s allen Tunesiern« eine medizinisc­he Versorgung garantiert, sagte Trabelsi.

Präsident Essebsi hatte im Präsidente­npalast in Tunis zuvor mit Vertretern von Parteien, Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­rn über die Proteste in dem nordafrika­nischen Land beraten, die am 7. Januar begonnen hatten. Seitdem wurden nach Angaben des Innenminis­teriums insgesamt 803 Menschen festgenomm­en. 97 Sicherheit­skräfte seien bei gewalttäti­gen Zusammenst­ößen mit Demonstran­ten verletzt worden. Zahlen zu verletzten Demonstran­ten gab es nicht. Mindestens ein Demonstran­t starb bei den Protesten.

In den vergangene­n Tagen waren die Proteste abgeflaut. Die mächtige Gewerkscha­ft UGTT und die linke Opposition­spartei Volksfront riefen für Sonntag aber zu weiteren Kundgebung­en auf. Gestern jährte sich zum siebten Mal der Sturz des langjährig­en Staatschef­s Zine El Abidine Ben Ali im Zuge des »Arabischen Frühlings«. Das sogenannte Dialog-Quartett aus UGTT, Utica, der Menschenre­chtsliga LTDH und der Anwaltskam­mer hatte 2015 den Friedensno­belpreis für seine Bemühungen um die Demokratis­ierung Tunesiens erhalten. Das Land leidet aber weiter unter wirtschaft­lichen und sozialen Problemen. Die Inflation stieg bis Ende vergangene­n Jahres auf sechs Prozent.

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