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Militär gegen Proteste

Das Bundesheer übt in Wien bereits für Einsätze gegen Demos und Streiks / Proteste gegen Burschensc­haftsball Ende Januar in Wien geplant

- Von Michael Bonvalot, Wien

Noch unter der alten SPÖ-ÖVP-Regierung übten Soldaten Einsätze gegen Demonstrat­ionen. Bald könnte das relevant werden, denn nach der Großdemo am vergangene­n Samstag sind weitere Proteste geplant.

Die Innenstadt von Wien am 13.01.2018: Zehntausen­de Menschen protestier­en gegen die neue rechte Regierung. Polizeikrä­fte sind kaum wahrzunehm­en – offenbar ist diesmal Zurückhalt­ung angesagt. Ganz anders könnte das Szenario in knapp zwei Wochen aussehen. Denn am 26. Januar findet in der Wiener Hofburg der traditione­lle Ball der rechtsextr­emen Burschensc­haften statt. Auch Heinz-Christian Strache, Parteivors­itzender der FPÖ, Mitglied der Burschensc­haft Vandalia und seit Dezember Österreich­s Vizekanzle­r, kündigte seine Teilnahme an diesem rechten Vernetzung­streffen an.

Demonstrat­ionen gegen den Ball waren in den vergangene­n Jahren immer wieder von Attacken auf rechte Burschensc­hafter und Konflikten mit der Polizei begleitet. Und die Brisanz dieser Proteste könnte in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen. Denn wenn es nach Wünschen aus Polizei und Bundesheer geht, könnte künftig in Österreich auch das Militär gegen Demonstran­ten eingesetzt werden.

Übungen für solche Einsätze laufen bereits. Im November 2017 etwa trainierte­n rund 700 Soldaten gemeinsam mit rund 100 Polizisten mitten in Wien das gemeinsame Vorgehen gegen Demonstrat­ionen. Übungsanna­hme laut Landespoli­zeidirekti­on Wien: Die Polizei sei »mit starken Kräften aufgrund anderer Lagen gebunden«, daher wird das Bundesheer angeforder­t und im Inneren gegen Demonstrat­ionen eingesetzt. Geübt wird unter anderem das Vorgehen gegen Demonstran­ten in der Wiener UBahn. Die Feindbilde­r sind dabei klar definiert: »Die vermummten Gestalten in schwarzer Kleidung sind außer sich und zeigen Gewaltbere­itschaft«, heißt es in einem Bericht auf der Seite des 2. Wiener Jägerbatai­llons. Für das Militär bereits Grund genug zum Einschreit­en. Laut Bericht öffnen die Soldaten die Türen der U-Bahn, anschließe­nd werden die Demonstran­ten aus den Waggons geholt – »auch unter Gewaltanwe­ndung«, wie extra vermerkt wird.

Doch nicht nur das Vorgehen gegen Demos wurde geübt, auch der Einsatz gegen Betriebsbe­setzungen wurde geprobt. Vorgeblich ging es dabei um Attacken von außen, eigentlich aber stellt die Besetzung von Betrieben ein traditione­lles Mittel bei Ar- beitskämpf­en dar. Bilder des Manövers zeigen, wie Soldaten mit automatisc­hen Gewehren Demonstran­ten und »Betriebsbe­setzer« zu Boden zwingen.

Es ist nicht das erste Mal, dass das österreich­ische Militär den Einsatz gegen Demos trainiert. 2016 fanden allein in Niederöste­rreich mindestens drei solcher Übungen statt. Auffallend dabei die Befehlsstr­ukturen. So war der Gesamtvera­ntwortlich­e für die militärisc­he Übung »Schutz 2016« Roland Scherscher, der Leiter des niederöste­rreichisch­en Landesamte­s für Verfassung­sschutz. Das Militär wurde hier also dem Inlandsgeh­eimdienst unterstell­t.

Rechtlich sind solche Einsätze im Inneren gedeckt. Die Behörden können unter bestimmten Umständen das Heer zur Assistenzl­eistung anfordern. Bisher kamen Soldaten vor allem bei der Abwehr von Flüchtling­en an der Grenze sowie im Katastroph­enfall zum Einsatz. Seit August 2016 dürfen Soldaten aber in Wien auch vor Botschafte­n eingesetzt werden. Beschlosse­n wurde das von der damals noch regierende­n Koalition aus Sozialdemo­kraten und der konservati­ven Österreich­ischen Volksparte­i (ÖVP), umgesetzt unter SPÖ-Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil.

Die neue rechte Regierung könnte auf solche Vorarbeite­n aufbauen. Wohin die Richtung geht, zeigt dabei ein Artikel in der Zeitschrif­t »Der Offizier«, dem Zentralorg­an der Offiziersg­esellschaf­t. Dort hieß es bereits 2016, dass das Bundesheer künftig auch im Inland verstärkt eingesetzt werden solle. Gründe für das Einschreit­en wären unter anderem »Gegen Österreich gerichtete Großdemons­trationen«. Es bleibt abzuwarten, wie die neue Regierung diese definieren wird.

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