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Mehr Geduld

Simon Poelchau über höhere Zinsen, Inflations­raten und Löhne

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Und wieder haben die Gegner der Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) Munition bekommen: Um 1,8 Prozent stiegen vergangene­s Jahr hierzuland­e die Preise, wie das Statistisc­he Bundesamt am Dienstag mitteilte. Zu schnell sollte die EZB trotzdem nicht das Ruder herum reißen.

1,8 Prozent Teuerungsr­ate sind in der Tat zwar ziemlich genau das, was die EU-Währungshü­ter als Ziel ausgeben, wenn sie von »unter, aber nahe zwei Prozent« sprechen. Doch die Eurozone besteht nicht allein aus Deutschlan­d. Die EZB muss bei ihrer Geldpoliti­k die Teuerungsr­ate der gesamten Währungsun­ion im Blick behalten. Deswegen sollten alle, die jetzt einen rasches Ende des Anleihenka­ufprogramm­s und wieder steigende Leitzinsen fordern, mehr Geduld haben. Denn erste Schnellsch­ätzungen der europäisch­en Statistikb­ehörde ergaben, dass die Inflations­rate in der gesamten Eurozone mit vermutlich 1,4 Prozent im Dezember weit unter der von der EZB anvisierte­n Marke liegt, ohne die stark schwankend­en Energie- und Lebensmitt­elpreise sind es sogar nur 0,9 Prozent. Die Inflation in der Währungsun­ion ist also weiterhin viel zu niedrig für eine Normalisie­rung der Geldpoliti­k.

Dabei hat die anhaltend niedrige Inflation vor allem einen Grund: Weil die Löhne im Keller sind, können sich die Menschen einfach keine teuren Sachen leisten. Wer also höhere Zinsen will, der muss erst mal höhere Löhne fordern.

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