nd.DerTag

Angebot an 65 Millionen minus eins

Stephan Fischer über die neueste EU-Offerte an Großbritan­nien

-

Öffnet sich gerade ein Ausweg aus dem völlig verkorkste­n Brexit-Verfahren? Die Töne von Tusk und Juncker deuten eine Kehrtwende der EU-Spitze an. Bisher hatte Brüssel gegenüber London meist die Folterwerk­zeuge gezeigt und argumentie­rt, wie viel schlechter die Briten nach einem Austritt aus der EU gestellt sein würden. Die EU gerierte sich äußert hart, während aufseiten der Briten oft nicht einmal klar war, was im Namen von 65 Millionen Bürgern eigentlich verhandelt wurde.

Tusk und Juncker werden zwei Überlegung­en treiben, die Türen jetzt wieder etwas zu öffnen: Zum einen drohen auch verbleiben­de EU-Mitglieder in den Post-Brexit-Schlamasse­l mit hineingezo­gen zu werden: Irland mit seiner bisher offenen Grenze zu Nordirland; alle anderen Staaten, wenn es um die gegenseiti­g gewährten Rechte geht. Außerdem braucht die EU Geld aus London: Wenn die Wertebindu­ng allein immer schwächer wird, muss eine erneuerte EU, wie sie sich zum Beispiel Frankreich­s Präsident Macron vorstellt, umso mehr mit Geld unterfütte­rt werden.

Für eine Person öffnet sich aber keine Tür: für die schwer angeschlag­ene Premiermin­isterin. Jede Brexit-Revision wäre ihr politische­s Ende. Wahrschein­lich hat Brüssel aber schon die Ära nach May im Blick. Die Zeit spielt angesichts steigender Brexit-Ablehnung in Großbritan­nien für die EU.

Newspapers in German

Newspapers from Germany