Biogemüse für Berlin
Fördergemeinschaft ökologischer Landbau bastelt an einer Lieferkette
Mit rund 1,3 Millionen Euro Fördermitteln soll das Projekt »Regionales Biogemüse aus Brandenburg« innerhalb von fünf Jahren zum Erfolg geführt werden.
Es ist seit zehn Jahren immer dasselbe. Die Nachfrage nach Bioprodukten in Berlin kann mit dem Angebot aus Brandenburg nicht Schritt halten. 2016 hatte sich die nach den Kriterien des Ökolandbaus bewirtschaftete Fläche in Brandenburg um 7,3 Prozent auf fast 150 000 Hektar erhöht. Der Trend setzte sich 2017 fort.
Doch es ließe sich noch viel mehr anbauen und erzeugen, ohne dass der Markt gesättigt wäre. Beispiel Biomilch: Der rapide Preisverfall bei konventioneller Milch – die Bauern erhielten in den Jahren 2015 und 2016 nur noch 20 Cent je Liter – hat viele Landwirte dazu bewegt, es mit Biomilch zu probieren. Doch obwohl inzwischen spürbar mehr Biomilch erzeugt wird, blieb der Abnahmepreis zur Verwunderung aller Experten stabil bei 48 bis 50 Cent je Liter Biomilch.
Fazit: Die Biobauern hinken dem Wachstum des Naturkosthandels immer noch hinterher. Denn es gibt nicht nur ständig neue Bioläden. Darüber hinaus erweitern konventionelle Lebensmittelläden – genannt seien hier insbesondere die Ketten Edeka und Rewe – ihre Palette um mehr und mehr Bioprodukte. Solche gebe es inzwischen sogar an Tankstellen, weiß Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft ökologischer Landbau BerlinBrandenburg (FÖL). Daneben stieg der Bioanteil im Mittagessen an Berliner Grundschulen mittlerweile auf mehr als 40 Prozent, und auch die Gastronomie fragt nach Zutaten in Bioqualität.
Besonders schmerzlich fehlt Biogemüse. Der Berliner Handel importiert es deshalb teils von weit her, was wegen der Transportwege keineswegs umweltfreundlich ist. Die Fördergemeinschaft ökologischer Landbau möchte gern Abhilfe schaffen und hat nun die Mittel dazu in die Hand bekommen – rund 1,3 Millionen Euro für fünf Jahre. Denn die FÖL erhielt im Rahmen der Europäischen Investitionspartnerschaften »Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit« den Zuschlag für das Projekt »Regionales Biogemüse aus Brandenburg«. Darüber informiert Geschäftsführer Wimmer am Dienstag bei einem Frühstück in der Geschäftsstelle der Fördergemeinschaft.
Mit im Boot sitze dabei die Eberswalder Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNE), die zwei Mitarbeiter dafür abstellen könne. Ziel des Projektes sei es, eine schlagkräftige, rentable Produktion von Biogemüse anzukurbeln. Dazu soll eine komplette Wertschöpfungskette mit Gärtnern, Verarbeitung und Großhandel aufgebaut werden. Denn die Großküchen, die Schulverpflegung anbieten, schälen weder die Kartoffeln selbst, noch schnippeln sie die Mohrrüben. Sie brauchen die Zuta- ten fertig, die Möhren beispielsweise gewürfelt, wie Wimmer erläutert. Einen konventionellen Verarbeitungsbetrieb, der bereit wäre, einen extra Standort für die Bioschiene aufzubauen, habe er bereits an der Hand.
Ein Problem besteht darin, dass der umfängliche konventionelle Gartenbau, mit dem die DDR für die Selbstversorgung der Republik sorgte, nach der Wende weggebrochen ist. Viele Gewächshäuser aus dieser Ära däm- mern als Ruinen vor sich hin. Denn als die großen Einzelhandelsketten aus Westdeutschland das Terrain unter sich aufteilten, blieben sie bei ihren Zulieferern und ließen den ostdeutschen Gartenbau im Regen stehen. Die wenigen alten Gartenbaubetriebe, die es in Brandenburg noch gibt, hielten sich mit Zierpflanzen über Wasser, berichtet Wimmer. So gebe es bedauerlicherweise kaum konventionelle Gartenbaubetriebe, die umsteigen könnten. Die mit dem wachsenden Markt in den vergangenen Jahren geborenen Biogärtnereien seien voll ausgelastet.
Wimmer setzt seine Hoffnung deshalb auf den Nachwuchs, auf Absolventen der Eberswalder Hochschule und andere Junglandwirte, die es mit dem Biogemüseanbau versuchen möchten. Zusätzlich hat er bei dem Projekt noch zwei Agrarbetriebe an Bord, die über je 1000 Hektar Land verfügen und willens sind, 200 bis 300 Hektar mit Biogemüse zu bepflanzen. Zusammen sind das bis jetzt zehn Erzeuger, die mitmachen.
Das Projekt startete am 1. Januar und läuft bis zum 31. Dezember 2022. Es geht dabei auch darum, die Erzeuger, die Verarbeitung und den Handel an einen Tisch zu bekommen, damit sie Kontakte knüpfen und Vertrauen zueinander fassen.