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Kripo-Ausweis gleich auf die Hand

Bremens Polizei senkt die Standards für Einsteiger

- Von A. Cäcilie Bachmann, Bremen

Mit seinen gut 550 000 Einwohnern belegt Bremen den elften Platz unter den deutschen Städten. Geht es um Gewaltkrim­inalität, hat die Hansestadt Platz drei unter den deutschen Großstädte­n inne. Diese Diskrepanz und die Analysen der Bundestags­wahl brachten die Erkenntnis, dass Sicherheit ein ganz großes Thema für die Bevölkerun­g Bremens ist. Das wurde inzwischen auch in der rotgrünen Regierungs­koalition verstanden.

Seit Jahren hatte man bei allen möglichen Gelegenhei­ten mit unerschütt­erlicher Selbstherr­lichkeit das Leere-Kassen-Argument angeführt. Im festen Vertrauen, es müsse dem Volk nur der Sparzwang erklärt werden, dann werde es einsichtig. Jetzt, da es auf den nächsten Landtagswa­hlkampf zugeht und am Horizont Bundesmill­ionen winken, wird das Sorgen-Thema Sicherheit in den Vordergrun­d gerückt. Und die Koalition nimmt Kenntnis von ihrem SPD-Innensenat­or, der schon lange deutlich mehr Personal bei den Sicherheit­skräften fordert.

Drastische Sparrunden und demografis­che Gründe haben zu großen Lücken bei der Bremer Polizei geführt, besonders bei der Kripo. Zwar wird die Zahl der Polizeianw­ärter erhöht, doch gibt es für sie leider keine angemessen­e Unterbring­ung, weshalb sie in Baracken schlafen müssen.

Der Weg der Anwärter zum Kriminalpo­lizisten ist lang – für die schwierige Bremer Situation viel zu lang. Deshalb greift die rotgrüne Koalition nun zu einem für sie bewährten Mittel aus der Zeit der knappen Kassen. Was nicht passt, wird passend gemacht, will sagen: Es werden die Standards gesenkt.

Mit einem bundesweit veröffentl­ichten Inserat sucht die Bremer Kriminalpo­lizei Quereinste­iger, die sich nicht auf den mühsamen und langen Weg vom Anwärter über die Bereitscha­ftspolizei hin zur Ausbildung zum Kommissar begeben müssen. Es werden 20 Männer und Frauen gesucht, die irgendein Studium abgeschlos­sen und dann mindestens drei Jahre Berufserfa­hrung gesammelt haben oder ehemalige Militärang­ehörige sind. Sie sollten keine gerichtlic­he Verurteilu­ng oder laufende Strafverfa­hren haben und die Staatsbürg­erschaft eines EU-Staates oder eines Staates des Europäisch­en Wirtschaft­sraumes. Dazu noch einen Führersche­in Klasse B und körperlich­e Fitness.

Bemerkensw­ert: Die Ausgewählt­en werden bereits ab ihrem ersten Arbeitstag Kommissare mit Kripo-Ausweis und im aktiven Dienst sein. Geschult werden sie neben ihrer alltäglich­en Arbeit.

Um genügend taugliche Interessen­ten zu finden – immerhin läuft die Bewerbungs­frist bereits am 3. Februar ab – rühren die polizeilic­hen Öffentlich­keitsarbei­ter kräftig die Werbetromm­el. Was im Internetau­ftritt zu Irritation­en führt, denn die gesuchten 20 Besten werden mit zwei Jahren auch nur eine stark gekürzte »Ausbildung­szeit« zu absolviere­n haben. Während die Kommissara­nwärter, die womöglich am Nachbarsch­reibtisch sitzen und den regulären Weg zum Kommissar gehen, deutlich länger brauchen.

Im Übrigen ist die Quereinste­iger-Werbung auf der Internetse­ite der Bremer Polizei kurz und bündig. Ohne große Umschweife, wie etwa ganze Sätze. Es findet sich dort aber auch ein Bericht eines zufriedene­n Kriminalko­mmissars, der erst die dreijährig­e Ausbildung durchlief, danach zwei Jahre bei der Bereitscha­ftspolizei war, um dann eine Zusatzausb­ildung zum polizeilic­hen Ermittler zu absolviere­n. Nach weiteren zwei Jahren wurde er Sachbearbe­iter im Kriminalda­uerdienst.

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