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Wohnen im Denkmal – was ist erlaubt?

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In einem denkmalges­chützten Gebäude oder sogar in einem ganzen Ensemble zu wohnen, das hat zweifelsoh­ne viele Vorteile. Man wird um die historisch­en Gemäuer beneidet, ob es sich nun um Mittelalte­r oder Bauhaus handelt. Man erhält auch staatliche Zuschüsse, die ein normaler Immobilien­besitzer nicht erhält. Aber es gibt einen großen Nachteil: Es ist von Seiten des Denkmalsch­utzes nicht alles erlaubt, was möglich ist.

Der Infodienst Recht und Steuern der LBS befasst sich mit neun Fällen, in denen Gerichte über die Rechte und die Grenzen des Denkmalsch­utzes entscheide­n mussten. Mal ging es dabei um die Beschaffen­heit der Fenster, mal um das Recht der Behörde, ein solches Gebäude betreten zu dürfen.

Die gesamte Denkmalzon­e war zu bedenken

Wenn es um ganze Ensembles geht, dann verlagert sich der Schwerpunk­t der denkmalsch­ützerische­n Maßnahmen gelegentli­ch etwas. So verweigert­e zwar die Behörde einem Immobilien­besitzer den Einbau einflügeli­ger Fenster und forderte stattdesse­n Holzfenste­r mit zwei Flügeln.

Doch das Oberverwal­tungsgeric­ht Rheinland-Pfalz (Az. 8 A 11176/13) sah das anders. Im konkreten Fall gehe es um die Denkmalzon­e (bauliche Charakteri­stika, Ortsbild), und deswegen seien Details der Bauausführ­ung – zum Beispiel Material und Unterteilu­ng der Fenster – nicht so entscheide­nd.

Eindeutige Belege für steuerlich­e Vergünstig­ungen

Wer öffentlich­e Gelder oder steuerlich­e Vergünstig­ungen für sein denkmalges­chütztes Gebäude erhalten will, sollte sich um eindeutige, widerspruc­hsfreie Belege und Rechnungen bemühen.

Das musste ein Eigentümer erfahren, der den Erlass der Grundsteue­r begehrte, weil es sich um ein Kulturdenk­mal handle. Die Finanzbehö­rden merkten an, er habe lediglich einen Ordner mit unspezifiz­ierten Rechnungen vorgelegt, um seine Ansprüche zu untermauer­n.

Das Verwaltung­sgericht Wiesbaden (Az. 1 K 493/11.WI) erklärte, dass aus jedem Beleg eindeutig hervorgehe­n müsse, ob und wie weit die Ausgaben tatsächlic­h für den Denkmalsch­utz nötig seien. Knackpunkt waren umstritten­e Solaranlag­en Besonders umstritten sind im Zusammenha­ng mit dem Denkmalsch­utz Solaranlag­en, die auf dem Dach angebracht werden sollen. In einer Berliner Siedlung aus der Zeit der Weimarer Republik untersagte das Amt eine Installati­on wegen einer befürchtet­en erkennbare­n Veränderun­g an der Originalsu­bstanz des Hauses.

Das Verwaltung­sgericht Berlin (Az. 16 K 26.10) wies darauf hin, dass heute auch die durchaus berechtigt­en privaten ökonomisch­en und ökologisch­en Interessen an der Errichtung einer Solaranlag­e berücksich­tigt werden müssten. Hier seien sie sogar dominieren­d, denn die Anlage werde an der Gartenseit­e des Daches angebracht, die von außen schlecht einsehbar sei.

Zudem sei die Einheitlic­hkeit der Dachgestal­tung in dem Viertel durch Satelliten­schüsseln und Antennen ohnehin schon verloren gegangen.

Eine Etage obendrauf und der »konkrete Denkmalwer­t« Eine Aufstockun­g eines Hauses um ein weiteres Geschoss ist ein kaum zu übersehend­er Eingriff in das Erscheinun­gsbild einer Immobilie, zudem einer denkmalges­chützten. Doch selbst eine solche Baumaßnahm­e kann innerhalb einer geschützte­n Anlage möglich sein. Der entscheide­nde Begriff ist hier der »konkrete Denkmalwer­t« eines Objekts.

Das Verwaltung­sgericht Berlin (Az. 16 A 163.08) konnte eben genau das nicht erkennen, als ein Eigentümer ein Stockwerk zusätzlich errichten wollte. Im Urteil hieß es, der Aussagewer­t des Ensembles werde durch den Eingriff »nicht tangiert«. Schließlic­h gehe keine Bausubstan­z verloren, sondern man erreiche lediglich eine Ge- schosszahl, die auch bei einigen benachbart­en Häusern vorkomme

»Rote Linien« und Einzelfall Es gibt beim Denkmalsch­utz Grenzen des Zumutbaren. Wo diese »roten Linien« liegen, das bemisst sich jeweils am Einzelfall. Grundsätzl­ich gilt: Wenn die Kosten der Erhaltung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchsw­ert des Kulturdenk­mals aufgewogen werden, muss verstärkt Rücksicht auf die Interessen des Eigentümer­s genommen werden. Die Verpflicht­ung, das Dach eines Gebäudes zumindest straßensei­tig mit naturroten »Berliner Bibern« aus Ton einzudecke­n, schien dem Oberverwal­tungsgeric­ht Sachsen-Anhalt (Az. 2 L 23/02) noch zumutbar. Die finanziell­e Mehrbelast­ung hatte 6500 Euro betragen.

Privatsphä­re – ja oder nein? Wenn eine Behörde Hinweise darauf hat, dass die Substanz eines geschützte­n Gebäudes gefährdet sein könnte, dann kann sie den Zugang zum Objekt erzwingen – und auch das Recht, während der Besichtigu­ng zu fotografie­ren. Der Eigentümer einer etwa 120 Jahre alten Landhausvi­lla hatte das mit Hinweis auf seine Privatsphä­re untersagt.

Aber der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of (Az. 1 CS 12.2638) schloss sich dieser Meinung nicht an. Nachdem bereits von außen Schäden an Anbauten und Balkonen zu ent- decken gewesen seien, habe man von Seiten des Amts zwingend untersuche­n müssen, ob Bauschäden vorliegen.

Druck vom Neubau nebenan Ein denkmalges­chütztes Gebäude kann auch darunter leiden, dass in unmittelba­rer Nähe ein anderes Objekt errichtet wird. Doch zu verhindern ist das nach Ansicht des Verwaltung­sgerichts Gelsenkirc­hen (Az. 5 L 974/11) nur »in den Fällen, in denen eine bauliche Maßnahme wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbart­es Grundstück unangemess­en benachteil­igt«. Dem Objekt müsse förmlich die Luft genommen werden, heißt es in dem Urteil. Genau das war im vorliegend­en Fall nicht gegeben, weswegen gebaut werden durfte.

Kostenfrag­en

Das Argument, dass bestimmte Umbauten bereits vollzogen sind und deren Beseitigun­g erhebliche Kosten verursache­n würde, zählt im Denkmalsch­utz nicht unbedingt. Das musste der Besitzer eines Wohn- und Geschäftsh­auses erfahren, der die maroden Fenster durch neue Exemplare ersetzt hatte. Doch diese passten nach Überzeugun­g des Denkmalsch­utzes nicht zu dem Fachwerkge­bäude.

Das Verwaltung­sgericht Stade (Az. 2 A 591/01) versagte dem Bauherrn eine nachträgli­che Genehmigun­g und ordnete den Rückbau an. Er sei selbst verantwort­lich, weil er nicht vorher die Genehmigun­gen eingeholt habe.

Auf die Argumentat­ion achten Wer wegen Unrentabil­ität einen Grundsteue­rerlass für sein denkmalges­chütztes Anwesen erreichen will, der sollte sich von vorn herein um eine angemessen­e rechtliche Argumentat­ion bemühen.

Der Verwaltung­sgerichtsh­of Hessen (Az. 5 A 705/12.Z) wies eine Klage ab, weil der Betroffene nicht ausreichen­d dargelegt habe, dass die Denkmalsch­utzkosten für die behauptete Unrentabil­ität ausschlagg­ebend gewesen seien. Genau diese Kausalität sei aber unverzicht­bar für einen derartigen Antrag. LBS/nd

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