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Vorsicht: Geheimzahl der girocard und Passwort beim Online-Shopping

- Von Hermannus Pfeiffer

Trotz niedriger Zinssätze sind Verbrauche­rkredite teuer. Viele Banken verlangen dafür Versicheru­ngen. Die Prämie kann den Effektivzi­ns verdoppeln. Neue Regeln sollen Verbrauche­r 2018 besser schützen.

Kaufen auf Pump war schon immer etwas teurer. Doch in Zeiten niedrigste­r Zinsen ist die Versuchung dennoch groß. Auch für Banken. Denn die Kreditinst­itute suchen händeringe­nd nach neuen Einnahmequ­ellen.

Eine Möglichkei­t, die von Banken und Sparkassen gerne genutzt wird, sind Koppelgesc­häfte. So wird mit dem Verkauf eines Kredits gleich noch eine Versicheru­ngspolice obendrauf verscherbe­lt: Zwei von drei Ratenkredi­ten werden mit einem Zusatzvert­rag »gekoppelt«, einer Restschuld­versicheru­ng. Weit mehr als zwei Millionen solcher Verträge sind nach einer Schätzung der Finanzaufs­icht Bafin bundesweit im Umlauf.

Wer hat einen Nutzen?

Eine Restschuld­versicheru­ng springt im Notfall ein, etwa, wenn der Kunde arbeitslos wird und seine Raten nicht mehr bezahlen kann. Auch im Todesfall hilft eine Restschuld­versicheru­ng den Hinterblie­benen, Schulden zu begleichen. Eine solche Absicherun­g kann also durchaus zweckmäßig für Verbrauche­r sein. Doch selbstvers­tändlich gibt es sie nicht umsonst. Umgerechne­t in Zins und Zinseszins kann sich durch eine Police der effektive Zins, den Sie für einen Kredit bezahlen, verdoppeln.

Für die Bank dient die Restschuld­versicheru­ng als zusätzlich­e Sicherheit. Auch das kann zweckmäßig sein. Dadurch kann sogar der Preis eines Kredites, der Zinssatz, sinken. Allerdings dient die Restschuld­versicheru­ng der Kreditwirt­schaft häufig nur als zusätzlich­e Gewinnquel­le. Erträge aus einer solchen Police können durchaus üppig sein. Mancher Bankberate­r drängt daher seine Kunden geschickt zu einem Abschluss – selbst wenn die Police bei einer neutralen Betrachtun­g gar nicht nötig wäre.

Eine Untersuchu­ng der Bundesfina­nzaufsicht Bafin zeigt den Wildwuchs beim Verkauf von Restschuld­versicheru­ngen. Da- nach koppelt jedes dritte Institut Verbrauche­rdarlehens­verträge regelmäßig mit einer Restschuld­versicheru­ng.

Von der Provision, die der Kunde wie für jeden Versicheru­ngsvertrag zahlen muss, behalten Banken bis zu 70 Prozent für sich. Nur der Rest geht an das Versicheru­ngsunterne­hmen, das die eigentlich­e Leistung erbringt. Insgesamt belegt die Ba- fin-Untersuchu­ng erhebliche Lücken und Mängel bei den Informatio­ns- und Beratungsp­flichten von Kreditinst­ituten.

Ist die Restschuld­versicheru­ng ein Muss?

»Bei Verbrauche­rn entsteht zu oft der Eindruck, dass ein Darlehensv­ertrag an den Abschluss einer Restschuld­versicheru­ng geknüpft ist«, weiß Klaus Müller, Vorstand des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands (vzbv), aus der Praxis. Außerdem fehle ein eindeutige­s Preisschil­d, welches den Preis für Kredit und Restschuld­versicheru­ng klar ausweist.

Leider veröffentl­ichte die Bafin ihre Ergebnisse denkbar spät für die bereits laufenden parlamenta­rischen Verhandlun­gen. Die EU-Versicheru­ngsvermitt­lerrichtli­nie muss bis Februar 2018 in deutsches Recht umgesetzt werden. Ende Juni 2017 verabschie­dete daher der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition einen Kompromiss. Eine zeitliche Entkoppelu­ng von Ratenkredi­t und Versicheru­ngsvertrag, wie es Linke, Grüne und Verbrauche­rschützer fordern, wurde ebenso wenig beschlosse­n wie ein Totalverbo­t.

Konsum auf Pump in Mode Seit 2015 wuchs die Summe, die Banken als Ratenkredi­t verliehen haben, laut Bundesbank um fast 20 Milliarden Euro. Raten- kredite heißen auch Konsumente­nkredit, Anschaffun­gsdarlehen oder Verbrauche­rdarlehen.

Grundsätzl­ich unterschei­den Banken zwischen bonitätsun­abhängigen und bonitätsab­hängigen Konditione­n. Bonitätsun­abhängig bedeutet, für alle kreditwürd­igen Kunden gilt der gleiche Zins. Bei bonitätsab­hängigen Angeboten legt die Bank den Zinssatz individuel­l für den Kunden fest: Je besser dessen Bonität ist, desto günstiger wird das Darlehen. Eine aktuelle Übersicht mit Zinssätzen bietet die Stiftung Warentest auf ihrer Internetse­ite (kostet 2 Euro).

Beim Abschluss eines Ratenkredi­ts profitiere­n Sie von neuen Spielregel­n. Künftig müssen Versicheru­ngsnehmer nicht nur bei Vertragsab­schluss, sondern losgelöst von der Verkaufssi­tuation zusätzlich eine Woche später(!) erneut über ihr Widerrufsr­echt belehrt werden. Die Bank muss dem Kunden das Produktinf­oblatt mit allen wichtigen Informatio­nen übermittel­n, insbesonde­re mit den Kosten der Restschuld­versicheru­ng.

Ganz wichtig: Enthalten sein muss auch der Hinweis, dass der Abschluss der Versicheru­ng freiwillig und nicht an den Kredit gekoppelt ist! Die Praxiserfa­hrungen mit dieser Regelung sollen 2020 ausgewerte­t werden, um zu sehen, ob die Veränderun­gen greifen oder das Gesetz nachgebess­ert werden muss.

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Foto: imago/Ute Grabowsky/photothek Versicheru­ngen verspreche­n Sicherheit, doch sollte man schon beim Beratungsg­espräch die Kosten beachten.

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