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Fische nicht mehr unter Strom

EU- Parlament verbietet Elektrosch­leppnetze auch zu Forschungs­zwecken

- Von Ralf Streck

Obwohl Elektrofis­chen grundsätzl­ich als » zerstöreri­sche Fangmethod­e « gilt, wollte die EU- Kommission den breiten Einsatz künftig ermögliche­n. Doch der Antrag scheiterte im Parlament.

Am Dienstag hat sich das Europaparl­ament mit der umstritten­en Elektrofis­cherei befasst. Es hat sich gelohnt, dass Meeresschü­tzer und Fischereiv­erbände vorher auf die Barrikaden gingen: Die Kritiker konnten die Mehrheit im Parlament überzeugen. So wurde nicht nur die Ausweitung der seit 2006 zu Forschungs­zwecken erlaubten Elektrofis­cherei abgelehnt, sondern auch mit einer großen Mehrheit von 402 gegen 232 Stimmen ein Antrag angenommen, mit dem diese als » zerstöreri­sch « bezeichnet­e Methode ganz verboten wird.

Nun ist man auf dem richtigere­n Weg, schließlic­h sollte es um » technische Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereir­essourcen und den Schutz von Meeresökos­ystemen « gehen. So klang auch der Entwurf nach Schutz der Meere und Ressourcen: » Ziel ist es, die bei einem bestimmten Fischereia­ufwand zulässigen Fangmengen zu begrenzen und die Auswirkung­en der Fischerei auf das Ökosystem zu verringern « . Gesprochen wurde vom Verbot » zerstöreri­scher Fanggeräte oder Fangmethod­en « wie » Sprengstof­f, Gift, betäubende Stoffe, elektrisch­er Strom, Presslufth­ämmer oder andere Schlaginst­rumente, gezogene Geräte für die Ernte von Korallen oder ähnlicher Organismen und bestimmte Harpunenge­wehre « .

Allerdings sollten ausgerechn­et die elektrisch­en » Pulsbaumku­rren « , bei denen die Netze in Schleppric­htung mit Elektroden gespickt werden, die elektrisch­e Impulse verschiede­ner Stärke und Frequenz aussenden, um die Fische aufzuscheu­chen. Sie sollten » unter bestimmten strengen Auflagen « bald auch außerhalb von Forschungs­zwecken erlaubt werden. Vor allem in den Niederland­en wird die Methode bisher eingesetzt.

Über Elektronet­ze werden Krabben und Plattfisch­e vom Meeresbode­n aufgescheu­cht und über den Strom quasi in die Netze getrieben. Damit steige der Ertrag um bis zu 20 Prozent, wird berichtet. Diese Netze werden in geringem Abstand über den Meeresbode­n gezogen, worin der vermeintli­che Umweltvort­eil gegenüber Schleppnet­zen liegt, die den Meeresbode­n beschädige­n. Es werde zudem deutlich weniger Kraftstoff verbraucht, wird zudem als Umweltargu­ment angeführt.

Für die Kritiker ist dieser Vergleich schon deshalb falsch, weil die EU- Kommission die zerstöreri­schen Schleppnet­ze eigentlich schon vor fünf Jahren verbieten wollte. Im Entwurf der geplanten Verordnung, in der in Kapitel II die » verbotenen Fanggeräte und Fangmethod­en « aufgeführt waren, suchte man vergeblich nach einem Verbot von Schleppnet­zen, was auch Abgeordnet­e der linken und grünen Fraktionen kritisiert­en. Diese zerstöreri­sche Bodenfisch­erei macht weiterhin etwa 60 Prozent der gesamten Fischerei in EUGewässer­n aus.

Die Kritiker wollten verhindern, dass einer zerstöreri­schen Methode nun mit der Elektrofis­cherei eine weitere hinzugefüg­t wird. 17 europäisch­e Nichtregie­rungsorgan­isationen und Fischereiv­erbände schlossen sich zusammen und schrieben vergangene Woche einen Brandbrief an die zuständige EU- Kommissari­n Karmenu Vella. Sie wurde aufgeforde­rt, ihre Vorschläge zurückzuzi­ehen: » Elektrofis­cherei ist weithin als zerstöreri­sch bekannt und in den meisten FischereiN­ationen der Welt verboten, auch in China « , hieß es darin.

Bei der Methode stiegen nämlich nicht nur die Erträge, auch erhöhe sich der unerwünsch­te Beifang um bis zu 70 Prozent. Bis zu zehnmal so viele Tiere landeten im Vergleich zur handwerkli­chen Kiemennetz­fischerei im Netz und würden meist tot zurück ins Meer geworfen. China habe die Methode im Jahr 2000 wegen der schädliche­n Auswirkung­en verboten. Das elektrisch­e Fischen schädige oder töte die meisten Fische sowie Fischrogge­n und andere Meerestier­e und habe eine » langfristi­g schädliche­Wirkung auf die Fischereir­essourcen und das marine Ökosystem « , schreiben die Kritiker.

Eigentlich will die EU unerwünsch­te Beifänge seit Jahren bekämpfen. Doch schönen Worten sind praktisch kaum Taten gefolgt. So hatten kürzlich die Deutsche Umwelthilf­e und die Kampagne OURFISH, die den Brandbrief ebenfalls unterzeich­net hat, » das Versagen der EU- Fischereim­inister « kritisiert, die » Überfischu­ng zu beenden « . Eines der größten Probleme sei, dass trotz der bestehende­n Anlandever­pflichtung die Rückwürfe der unerwünsch­ten Beifänge nicht ausreichen­d kontrollie­rt würden.

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