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Gekürzt wird ohne Moral

Grit Gernhardt hält Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher für Unrecht

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Fragt man ein beliebiges fünfjährig­es Kind, würde es sicher sagen, dass man Menschen, die fast nichts haben, nicht auch noch etwas wegnehmen darf. Doch was für den moralische­n Kompass eines Kindes unvorstell­bar ist, wird von der herrschend­en Politik dieses Landes regelmäßig in Gesetzesfo­rm gegossen. So stellen die jeweiligen Regierungs­parteien seit der Schröder/Fischer-Ära nicht ernsthaft in Frage, dass Hartz-IVBezieher­n, die von einem Regelsatz in Höhe des Existenzmi­nimums leben müssen, dieses Geld auch noch gekürzt werden kann. Um bis zu 100 Prozent.

Menschen also, die gerade einmal so viel bekommen, wie sie unbedingt zum Überleben brauchen, bekommen als Strafe noch weniger. Und wir reden hier nicht von höchstens erzieheris­ch fragwürdig­en Taschengel­dkürzungen, sondern von Menschen, denen Geld für Essen und Trinken, Strom, warme Kleidung oder Busfahrkar­ten fehlt. Familien mit Kindern müssen sehen, wie sie den dunklen Winter überstehen.

Teilweise können die Betreffend­en gar nicht so schnell gucken, wie ihnen das Geld genommen wird: Einen Termin verpasst, nach der Krankheit nicht sofort zurückgeme­ldet, zu wenige Bewerbunge­n geschriebe­n ... Zweite Chancen gibt es für Leistungsb­ezieher selten – weder auf dem Arbeitsmar­kt noch beim Jobcenter. Im September stiegen die Sanktionen sogar so stark wie nie. Und da Kinder hierzuland­e nicht viel zu entscheide­n haben, wird sich diese schreiende Ungerechti­gkeit wohl auch nicht so bald ändern.

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