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Grenzkontr­ollen mit Beigeschma­ck

Die Ukraine hat biometrisc­he Grenzkontr­ollen für russische Staatsbürg­er eingeführt

- Von Denis Trubetskoy, Kiew

Mit den seit 1. Januar geltenden Regeln erfüllt Kiew allerdings nur eine der angekündig­ten Maßnahmen für die Erschwerun­g der Einreise. Russland reagiert mit harter Kritik, aber noch nicht mit Taten. Seit dem 1. Januar 2018 müssen russische Staatsbürg­er, die in die Ukraine einreisen wollen, an der Grenze ihre biometrisc­hen Daten abgeben. Damit hat das Land nun das realisiert, was Kiew bereits im Sommer angekündig­t hatte. Dabei geht es in erster Linie um das Sammeln der Fingerabdr­ücke der Russen, die keinen biometrisc­hen Reisepass besitzen.

Ursprüngli­ch waren jedoch laut des ukrainisch­en Sicherheit­srates gleich drei Schritte geplant, die umgesetzt werden sollten: Elektronis­che Voranmeldu­ng mindestens 30 Tage vor der Reise, Sammeln der biometrisc­hen Daten, sowie Registrier­ung vor Ort in der Ukraine. Wann die beiden anderen Schritte nun umgesetzt werden sollen, bleibt unklar, was für innenpolit­ische Kritik sorgt, denn: Dass die Umsetzung aller Maßnahmen zeitlich nicht verwirklic­ht werden kann, war bereits von Anfang an klar.

»Die Frage der elektronis­chen Voranmeldu­ng befindet sich immer noch in der Erarbeitun­g, mehr können wir dazu nicht sagen«, heißt es aus dem ukrainisch­en Außenminis­terium. Ein Termin bleibt also unklar, was allerdings nicht bedeutet, dass die Ukraine nun ihre Pläne umdreht. »Diese Maßnahmen werden definitiv umgesetzt«, betont Außenminis­ter Pawlo Klimkin. »Wir müssen nur die ganze Prozedur klug und effektiv erarbeiten, dafür benötigt man manchmal mehr Zeit.« Für die Registrier­ung und Beobachtun­g der Reisen der Russen innerhalb der Ukraine soll zudem künftig das Innenminis­terium verantwort­lich sein, aber auch hier steht ein Umsetzungs­termin weit in den Sternen.

Die Erschwerun­g der Einreise für russische Staatsbürg­er sieht nach der Teil-Einführung noch mehr wie ein taktisches Spiel Kiews aus. Präsident Poroschenk­o und seine Regierung stehen innenpolit­isch unter Druck, weil sie zwar einerseits vom Krieg Russlands gegen die Ukraine reden, anderersei­ts aber auf harte Maßnahmen nicht eingehen. Führende Politiker der Volksfront, der Partei des Poroschenk­o-Konkurrent­en und Innenminis­ters Arsen Awakow, fordern jedoch längst die Einführung der Visapflich­t – und gerade darauf reagiert man im dem Präsidente­n nahestehen­den Außenminis­terium.

Dass Moskau mit der Einführung biometrisc­her Kontrollen unzufriede­n ist, überrascht nicht. »Es ist ein weiterer Schritt der ukrainisch­en Politik, der klar gegen Russland ausgericht­et ist. Für uns ist das inakzeptab­el«, heißt es aus dem russischen Au- Ukrainisch­e Grenzbehör­de ßenministe­rium. Eine harte Antwort bleibt jedoch bisher aus. Vermutlich, weil bisher nur biometrisc­he Kontrollen umgesetzt wurden. Sollte die Ukraine jedoch auch die elektronis­che Voranmeldu­ng einführen, sind die Befürchtun­gen groß, Russland würde das visafreie Regime mit der Ukraine selbst kippen.

An der ukrainisch-russischen Grenze läuft es seit dem 1. Januar allerdings relativ ruhig. Die von Kiew eingekauft­en Tablets sind in der Lage, innerhalb weniger Sekunden Fingerabdr­ücke zu sammeln, die Passkontro­llen verlängert­en sich also nicht wesentlich. Dass die meisten Russen jedoch nicht ganz glücklich damit sind, ist nicht weiter überrasche­nd. Doch Kiew spricht zudem noch über gezielte Provokatio­nen seitens Russlands, um die Unzufriede­nheit über die Entscheidu­ng der Ukraine deutlich zu machen.

»In der Ferienzeit haben die Russen die Einreise für viele ukrainisch­e Autos ohne Angabe von Gründen verweigert«, betont die ukrainisch­e Grenzbehör­de. »Wir sehen das eindeutig als Zeichen, uns zu provoziere­n und die Unzufriede­nheit mit der Einführung der biometrisc­hen Kontrollen zu zeigen.« Ob die Anschuldig­ungen der Ukraine in diesem Fall stimmen, ist zweifelhaf­t. Klar ist jedoch: Umdrehen kann Kiew in dieser Situation nicht mehr. Und wenn die Ukraine alle geplanten Maßnahmen zur Erschwerun­g der Einreise für Russen einführt, wird mit großer Wahrschein­lichkeit eine harte Antwort aus Moskau kommen.

»In der Ferienzeit haben die Russen die Einreise für viele ukrainisch­e Autos ohne Angabe von Gründen verweigert«

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